Schienenverkehr : Connex will den Interregio auf Trab bringen
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Connex will mit dem Interregio in die Gewinnzone. Bild: dpa
Der Wettbewerb auf der Schiene nimmt Gestalt an. Über den Interregio will der Privatbahn-Betreiber Connex der Deutschen Bahn Dampf machen.
„Die Bahn denkt gar nicht daran, ihre Verkehre abzugeben“, kommentierte Hartmut Mehdorn die Pläne von Connex. Der Unmut des Bahn-Vorstandsvorsitzenden resultierte aus dem Vorstoß des Privatbahn-Betreibers vom Mittwoch, die Interregio-Verbindungen der Deutschen Bahn zu übernehmen und so in das Geschäft mit dem Fernverkehr einzusteigen.
Noch am Montag verbuchte die Bahn gegenüber Connex einen milliardenschweren Achtungserfolg. Die Bahn erhielt für die Ausschreibung eines Regional- und S-Bahn-Verkehrsnetzes im Großraum Rhein-Neckar den Zuschlag. Ab 2003 kann sie ihre Züge zwischen Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen bis 2015 rollen lassen. Jetzt findet sich die Bahn in der Defensive, Connex in der Offensive wieder.
Connex?
Connex, eine Tochtergesellschaft des französischen Vivendi-Konzerns, ist über Deutschland hinaus auch in Frankreich, Belgien, Norwegen, Finnland, Schweden und Australien in der Personen- und Güterbeförderung aktiv.
Die deutsche Connex-Gruppe ist eigenen Angaben zufolge mit 2.900 Mitarbeitern das größte private Nahverkehrsunternehmen in Deutschland. Die Gruppe setzt sich aus 33 Tochtergesellschaften zusammen, die sich auf die Geschäftsbereiche „Connex Regiobahn“ (Schienenpersonennahverkehr), „Connex Stadtverkehr“ (öffentlicher Personennahverkehr) und „Connex Cargo Logistics“ (Schienengüterverkehr) verteilen.
Im Schienenpersonennahverkehr decken die sechs Bahnunternehmen der Gruppe 19 Strecken mit über 1.000 Kilometern Länge ab. Auf diesen will das Unternehmen 2001 mehr als 15 Millionen Fahrgäste befördern. Im öffentlichen Personennahverkehr setzt die „Connex Stadtverkehr“ über 1.300 Busse ein, in denen sie jährlich etwa 98 Millionen Fahrgäste befördert. Über „Connex Cargo Logistics“ rollen jährlich zwei Millionen Tonnen Güter. Insgesamt hat die Connex-Gruppe einen Marktanteil von drei Prozent und ist damit der stärkste Konkurrent der Deutschen Bahn.
Der Interregio: Unrentabel oder nicht?
Auf dieser Basis will die Connex-Führung expandieren. Connex will den Interregio-Verkehr der Bahn übernehmen und so auch im Fernverkehr eine Rolle spielen. Die Bahn hingegen will die Interregio-Sparte wegen mangelnder Rentabilität bis 2004 aufgeben. Bereits zum Fahrplanwechsel im Juni strich die Bahn acht Interregio-Verbindungen. Connex wiederum will den Interregio-Verkehr unter der Bezeichnung „InterConnex“ („ICx“) ab dem Fahrplanwechsel Ende 2002 fortführen. Darüber hinaus sollen die bestehenden regionalen Verbindungen erhalten, verbessert und möglicherweise wieder ausgebaut werden. Der zeitliche Rahmen stützt sich allerdings darauf, dass Connex die Fahrzeuge und das Personal von der Bahn übernehmen kann.
Das Ziel ist klar: „ICx“ soll schwarze Zahlen einfahren. Entsprechend fallen die Ankündigungen aus, was der „ICx“ den Kunden bringen soll: Direktverbindungen zu Regionen und Städten, die vom Fernverkehr nicht bedient werden etwa sowie ein einfacheres und günstigeres Preissystem, bei dem der Fahrschein knapp um die Hälfte billiger ist als ein Ticket bei der Bahn. Doch Connex setzt nicht allein auf den Markt, um den ICx in Fahrt zu bringen. Jean-Michel Herrewyn erhofft sich Zuschüsse von den Bundesländern, dem Bund oder der Bahn. Der Vorsitzende der Connex-Geschäftsführung sagte, es wird sich zeigen, was es der Bundesregierung oder der Bahn wert sei, wenn jemand bislang unrentable Strecken sanieren will.
Gemischte Reaktionen
Der Bundesverkehrsminister zeigte sich zurückhaltend. Kurt Bodewig (SPD) sagte, die Sanierung der Bahn habe Vorrang. Der Fahrgastverband Pro Bahn erhofft sich von dem Connex-Angebot mehr Wettbewerb im Fernverkehr und somit positive Auswirkungen für die Kunden. Pro Bahn-Sprecher Frank von Meißner forderte die Politik auf, die Connex-Pläne notfalls finanziell zu unterstützen. Die Bahngewerkschaft Transnet begrüßte das Angebot unter der Voraussetzung, dass die Beschäftigten bei einem Wechsel die vollständige Absicherung ihrer sozialen Besitzstände erhielten. Mehdorn bemühte sich um demonstrative Gelassenheit. Die Bahn sei dabei, ein vernetztes Verkehrsangebot in der Fläche sicherzustellen, eine Konkurrenz im Fernverkehr fürchte die Bahn nicht.