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Werner Mussler (wmu.)

Russland-Sanktionen : Deutschland zögert Swift-Sperre hinaus

Am Hauptsitz des Banken-Kommunikationsnetzwerks Swift bei Brüssel Bild: dpa

Die Bundesregierung zögert, einen Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungsverkehr zu unterstützen. Auch wenn das verständlich ist, hat Berlin keine Wahl.

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          Vor wenigen Wochen bezeichnete der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz einen möglichen Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift noch als „Atombombe für die Finanzmärkte“. Der russische Überfall auf die Ukraine lässt diese Wortwahl heute makaber erscheinen. Einen wahren Kern hat sie gleichwohl immer noch.

          Spätestens seit der Finanzkrise 2007/2008 sollte unstreitig sein, wie sehr exogene Schocks die Stabilität der Finanzmärkte schneller gefährden können, als sich das irgendjemand vorstellen mag.

          Wer Russland von Swift abschneidet, muss wissen, dass er Rückwirkungen auf europäische und auch auf deutsche Banken provoziert – und dass westlichen Gläubigern Ausfälle drohen, wenn russische Schuldner von den internationalen Märkten abgeschnitten werden.

          Allerletzte Option – aus gutem Grund

          Dass Deutschland den Swift-Ausschluss Russlands nur als allerletzte Option ziehen will, hat insofern Gründe. Es ist auch nicht ehrenrührig, dass die Bundesregierung die Auswirkungen dieser scharfen Sanktion auf die deutsche Wirtschaft und das deutsche Finanzsystem sehr genau im Auge hat und deshalb zögert.

          Der Schaden ist freilich schon angerichtet, wie Reaktionen aus anderen EU-Staaten auf die deutsche Zögerlichkeit zeigen. Sicher fällt es jenen Staaten leichter, besonders scharfe Sanktionen zu fordern, weil ihre Wirtschaft (vermeintlich oder tatsächlich) davon weniger betroffen ist als die deutsche. Aber der Vorwurf mehrerer EU-Partner, Deutschland wolle Swift zum „neuen Nord Stream 2“ machen, zeigt, wie gefährlich das aktuelle Berliner Gebaren ist.

          Es geht ja nicht nur um die Glaubwürdigkeit Deutschlands in der EU. Vor allem geht es um die Frage, ob die Bundesregierung willens ist, ihren letztlich wohlfeilen Worten über eine „entschiedene Antwort“ der EU auf den russischen Überfall auch Taten folgen zu lassen. Ja, der russische Swift-Ausschluss ist nichts, was leichtfertig beschlossen werden darf. Aber darum herumdrücken darf sich die Bundesregierung nicht. Friedrich Merz hat das auf die richtige Formel gebracht, dass dieser Schritt nicht an Deutschland scheitern darf.

          Werner Mussler
          Wirtschaftskorrespondent in Brüssel.

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