Bewegung bei Grundrente : Rentenkasse bekommt so viel Steuergeld wie nie
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Vier Senioren gehen auf Mainau spazieren. Bild: dpa
Der Sozialetat wächst stärker als der Gesamthaushalt. Gleichzeitig zeigt sich Heil gesprächsbereit in Sachen Grundrente.
Die Bundesregierung wird im kommenden Jahr erstmals mehr als 100 Milliarden Euro aus Steuern an die gesetzliche Rentenversicherung überweisen. Im Entwurf für den Arbeits- und Sozialetat 2020, den Sozialminister Hubertus Heil (SPD) am Freitag im Bundestag vorstellte, summieren sich die Zuschüsse und Zuweisungen aus dem Bundeshaushalt auf 101,8 Milliarden Euro. Das sind 3,7 Milliarden Euro mehr als in diesem Jahr.
Gleichzeitig steigen die Überweisungen an die Rentenkasse damit stärker als der Bundeshaushalt insgesamt, denn dessen Ausgabenvolumen wächst dem Entwurf zufolge um 3,4 Milliarden auf 359,8 Milliarden Euro. Neben geringeren Ausgaben für Inneres, Bau und Heimat sowie für Bildung und Forschung tragen vor allem die nochmals sinkenden Zinsausgaben dazu bei, den Ausgabenanstieg im Sozialetat zu finanzieren.
Die Ausgaben für die Bundesschuld hatten sich gegenüber dem Höchststand von 2008 schon auf weniger als 20 Milliarden Euro halbiert. Zum Vergleich: Diese Entlastung entspricht den gesamten Soli-Einnahmen. Für nächstes Jahr sind noch Zinsausgaben von 16,6 Milliarden Euro eingeplant – tatsächlich aber werden es noch deutlich weniger sein. Wie aus Auflistungen des Finanzministeriums abgeleitet werden kann, dürften die Zinsausgaben dieses Jahr bei 13 Milliarden Euro liegen, bei sinkender Tendenz. Nur in Monaten, in denen Zahlungen für ältere, höher verzinsliche Papiere anstehen, zahlt der Bund noch Zinsen, in anderen kassiert er Geld für die Schulden.
Planung ohne Grundrente
Der gesamte Etat des Arbeits- und Sozialministeriums wächst dem Entwurf zufolge um 3,3 Milliarden auf 148,6 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anteil von knapp 41 Prozent am Bundeshaushalt. Dem neuen Finanzplan für die kommenden Jahre zufolge wird dieser Anteil bis 2023 auf 44 Prozent steigen. Der Anteil sämtlicher Sozialausgaben am Bundeshaushalt, einschließlich Gesundheitsversorgung und Familienleistungen, soll von 51,1 Prozent im Jahr 2020 auf rund 53 Prozent im Jahr 2023 steigen.
Die Planung enthält allerdings noch nicht die Grundrente für langjährig beschäftigte Geringverdiener, die in der Regierungskoalition derzeit noch umstritten ist und die 2021 kommen soll. Im zugehörigen Gesetzentwurf von Sozialminister Heil, der eine Aufstockung gesetzlicher Renten ohne vorgeschaltete Bedürftigkeitsprüfung vorsieht, ist dafür ein Betrag angesetzt, der schrittweise auf knapp 5 Milliarden Euro je Jahr steigen soll. Da Steuerfinanzierung vereinbart ist, würde das die Zuweisungen aus dem Bundesetat an die Rentenkasse zusätzlich erhöhen.
Heil deutete am Freitag einerseits eine Bereitschaft an, im Koalitionsstreit über die Bedürftigkeitsprüfung nach Kompromissen zu suchen. „Ich bin gerne bereit, dass wir über die Zielgenauigkeit meines Vorschlags reden und das miteinander klären“, sagte er. Zugleich zog er aber eine harte Grenze. „Die Rente ist keine Fürsorgeleistung“, sagte er. Eine Bedürftigkeitsprüfung nach Art der Grundsicherung im Alter könne es daher für die neue Grundrente nicht geben. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart: „Voraussetzung für den Bezug der Grundrente ist eine Bedürftigkeitsprüfung entsprechend der Grundsicherung.“
Vor allem die CSU stellte am Freitag heraus, dass sie diese Vereinbarung weiterhin im Auge hat. Es müsse „in der Grundsicherung einen Unterschied machen“, ob jemand lange Beitragszeiten vorzuweisen habe oder nicht, sagte CSU-Sozialexperte Stephan Stracke. Statt Geld „mit der Gießkanne“ zu verteilen, müssten sich die Zuschläge der Grundrente „am tatsächlichen Bedarf orientieren“.