Schwabinger Kunstfund : Wem gehört der Bilderschatz?
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Das Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum ist das erste, das Gemälde aus dem Kunstfund in der Wohnung von Cornelius Gurlitt zurückverlangt. Doch der Weg dahin ist schwierig - und die Rechtslage verworren.
Wuppertal möchte seine Bilder wieder, der Brief ist schon auf dem Weg zur Augsburger Staatsanwaltschaft. Einst konnte das Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum eine stattliche Auswahl an Expressionisten vorweisen: Kirchner, Nolde, Picasso, Dix, Grosz, Marc und Macke. „Alles, was Rang und Namen hat, konnten Sie bei uns finden“, schwärmt der Museumsdirektor Gerhard Finckh. Doch dann kamen 1937 die Nazis und haben 500 Bilder „entarteter Kunst“ mitgenommen, darunter auch Picassos „Akrobat und junger Harlekin“. „Da sind unglaubliche Sachen verschwunden“, seufzt Finckh. Inzwischen sind die Bilder in der ganzen Welt verstreut, in vielen Fällen hat der Museumsdirektor keinen blassen Schimmer, wo die Gemälde sein könnten.
Nun hat er eine vage Hoffnung: Seitdem Anfang des Monats öffentlich wurde, dass die Staatsanwaltschaft mehr als 1200 Bilder in der Schwabinger Wohnung von Cornelius Gurlitt sicherstellte, kann er wieder davon träumen, seinen Bestand von derzeit 3000 Gemälden mit längst verloren geglaubten Schätzen auffüllen zu können. „Wir wollten für alle Fälle unseren Hut in den Ring werfen“, sagt Finckh. „Wir möchten nicht so tun, als wäre uns das egal.“ Doch er ist Realist: Selbstverständlich müsse dann geprüft werden, ob das Museum die Werke damals nur als Leihgabe ausgestellt hatte. Dann, so versichert er, sei sein Museum nur Durchgangsstation, bis die rechtmäßigen Eigentümer gefunden sind.
Rechtslage ist verworren
Doch so weit ist es noch lange nicht. Zwischen Finckh und den Bildern steht noch eine komplexe juristische Prüfung, die schon jetzt für viel Frustration sorgt. Denn die Rechtslage ist verworren, nicht zuletzt, weil Herausgabeansprüche im deutschen Recht seit einer Novelle im Jahr 2002 nach 30 Jahren verjähren. Dabei hätte vieles im Fall des Schwabinger Kunstfundes heute einfacher sein können, hätte der Gesetzgeber im November 2001 seinen eigenen Beschluss ernstgenommen. Damals war die große Schuldrechtmodernisierung in vollem Gang, am 1. Januar 2002 sollte sie in Kraft treten. Angesichts der damit verbundenen großen, auch systematischen Veränderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches nahm sich die Einführung einer 30-jährigen Verjährungsfrist fast als Petitesse aus. Schließlich schrieb der Gesetzgeber damit nur fest, was Gerichte ohnehin schon entschieden hatten.
Allerdings war dabei immerhin einem Verfassungsorgan bewusst, was diese vermeintliche Petitesse bedeuten kann: In heiklen Fällen der NS-Raubkunst könne sie zu „unangemessenen Ergebnissen“ führen, heißt es in einem Beschluss des Bundesrats vom 9. November 2001 – als ahnten die Politiker damals schon, dass zur gleichen Zeit in einer Schwabinger Wohnung mehr als 1200 Werke bedeutender Künstler lagerten, von denen ein Großteil auf zwielichtige Weise während der Nazi-Zeit in die Hände des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt geraten war. Die Herausgabe der Werke an ihre meist jüdischen Eigentümer oder ihre Erben wird durch die Verjährung nun genauso verhindert, als handele es sich um eine x-beliebige vergessene Leihgabe aus einer Bücherei.
„Der Beschluss ist verpufft“
Das jedoch steht im krassen Widerspruch zur Washingtoner Erklärung aus dem Jahr 1998. Danach verpflichtete sich auch Deutschland in pathetischen Worten, mit den Erben nach einer fairen Lösung zu suchen. Ein hehres Vorhaben – nur im Fall Gurlitt ohne Relevanz. Das Abkommen bindet allenfalls die Verwaltung, nicht jedoch private Sammler. In diesem Bewusstsein appellierte der Bundesrat an die damalige rot-grüne Bundesregierung, zur Verjährung von Herausgabeansprüchen für NS-Raubkunst bald einen Gesetzentwurf vorzulegen.