Prozess wegen Steuerhinterziehung : Muss Uli Hoeneß ins Gefängnis?
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Volle Härte des Gesetzes
Was als lässliche Sünde toleriert wurde, erfährt nun die volle Härte des Gesetzes, bis hin zu der Tatsache, dass der Staat gemeinsame Sache mit Daten-Entwendern macht, um mittels Steuer-CDs auf die Jagd zu gehen - und im Zweifel Steuerhinterzieher wenigstens zur Untersuchungshaft einzusperren. Das ist eine Abschreckung, die wirkt: Die Zahl der Selbstanzeigen hat sich vervielfacht (von nicht 4835 Fällen 2011 auf 26000 im Jahr 2013), die so erzwungenen Einnahmen des Staates auch: Allein der Freistaat Bayern hat in drei Jahren 800 Millionen Euro einkassiert. Und die Gefängnisse füllen sich: In Baden-Württemberg wurden voriges Jahr insgesamt 146 Jahre und 4 Monate Freiheitsstrafen verhängt wegen Steuerhinterziehung.
Zimperlich sind die Fahnder schon lange nicht mehr. „Manche Staatsanwälte haben immer einen Haftbefehl dabei“, berichtet Klaus Volk, einer der führenden Strafrechtler im Land, emeritierter Hochschullehrer in München und gleichzeitig Strafverteidiger. Laut Gesetz ist die U-Haft an strikte Voraussetzungen geknüpft: Dringender Tatverdacht, klar. Außerdem: Flucht- und Verdunklungsgefahr. Dies ist nach Ansicht der Fahnder häufig gegeben: „Viele reiche Leute mit Konto in der Schweiz haben dort auch ihr Chalet. Ruckzuck finden sie sich in einem deutschen Gefängnis wieder“, sagt Klaus Volk. „Verdächtige, auch Millionäre und Milliardäre, sitzen nicht selten in U-Haft, teils samt ihren Anwälten und Steuerberatern.“ Uli Hoeneß ist nur deswegen auf freiem Fuß, weil er fünf Millionen Euro an Kaution hinterlegt hat.
Wer früher, übermannt vom schlechten Gewissen, eine „strafbefreiende Selbstanzeige“ stellte und seine Einkünfte lückenlos nachversteuerte, verlor Teile des versteckten Vermögens, hatte aber von da an seine Ruhe. Diese „Brücke in die Steuerehrlichkeit“, wie poetisch gestimmte Steuerberater es formulieren, ist morsch geworden. Kaum noch jemand erreicht trockenen Fußes das rettende Ufer. Das bestätigt Volk, der schon Leute vom Schlage eines Josef Ackermann oder Boris Becker verteidigt hat, seither steht für ihn fest: „Einen Promi-Bonus gibt es vor Gericht sicher nicht.“
Haftstrafe gut möglich
Die Selbstanzeige schützt seiner Ansicht nur noch in den seltensten Fällen vor einer Strafe. „Mit einer Selbstanzeige kommt man heute nicht mehr sicher davon. Wenn der Staat einen Fehler finden will, findet er auch etwas, das nicht passt. Und schon ist die Selbstanzeige nichts mehr wert.“ Deswegen steht Hoeneß jetzt als Angeklagter vor Gericht. Eine Haftstrafe ist gut möglich.
Hoeneß Hoffnung richtet sich auf die „mildernden Umstände“, die ihn vor dem Gefängnis - im allerschlimmsten Fall 15 Jahre – bewahren sollen. Wirkt seine gescheiterte Selbstanzeige wenigstens strafmildernd im Prozess? „Das ist ein dunkler Punkt in der Justiz, höchst umstritten“, sagt Professor Volk. „Der Fall Hoeneß ist ein extremer Pilotfall.“ Um dem Gefängnis zu entgehen, mit einer Bewährungsstrafe davon zu kommen, muss der FC Bayern-Patron das Gericht überzeugen, dass in seinem Fall „besonders gewichtige Milderungsgründe“ vorliegen, so hat es der Bundesgerichtshof seinerzeit formuliert – nur dann greift die „Ein-Millionen-Grenze“ nicht.