Prozess gegen Uli Hoeneß : Ehrentribüne gegen Anklagebank
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Uli Hoeneß, Fußballpräsident, Wurstfabrikant und Börsenzocker: Muss er bald ins Gefängnis? Bild: dpa
Am Montag beginnt der Prozess gegen Uli Hoeneß. Ein Urteil ist schon jetzt gefällt: Der Präsident des FC Bayern hat als Vorbild ausgedient.
Es gab eine Zeit im Leben von Uli Hoeneß, da war er als moralische Instanz beinahe unverzichtbar in Deutschland. Da war Hoeneß gefragter Gastredner im Kreis der Sponsoren des FC Bayern München. Da trat Hoeneß vor Bankern in Frankfurt, Düsseldorf und München auf und saß in den einschlägigen Polit-Talkshows bei ARD und ZDF. Es war die Zeit der Wirtschafts- und Finanzkrise. Da kam ein Fußballmanager und Wurstfabrikant wie Hoeneß – geradeheraus und grundehrlich und deshalb irgendwie ein bisschen aus der Zeit gefallen – genau recht, um all den Gier-Bankern die Rote Karte zu zeigen.
Und das tat Hoeneß. Er teilte aus, geißelte die Auswüchse des globalen Kapitalismus, wetterte gegen Spekulationsgeschäfte, gegen Call-Optionen auf Reis oder Schuldscheine von Island; und er beschimpfte die Zocker, die „in einem Hinterzimmer in London gegen das Öl oder mit Schweinebäuchen spekulieren“. Er redete Bankern auf einer internen Veranstaltung der Münchner Hypo-Vereinsbank ins Gewissen und motivierte Führungskräfte auf einer Fachtagung der Wasserwirtschaft in Bad Wiessee.
Hoeneß lobte Angela Merkel für ihre besonnene Art, und er forderte von der Bundeskanzlerin und ihrer Regierung strenge Regeln, weil ohne Schranken „die nächste Rohstoffblase garantiert kommen“ werde – so sicher wie die nächste Immobilien- oder Aktienblase. „Das Zocken gehört verboten“, war so ein typischer Hoeneß-Satz, der in keiner seiner Reden fehlen durfte. Das war in den Jahren nach Lehman. Und diese für Hoeneß gute Zeit dauerte bis zum Bekanntwerden seiner Selbstanzeige beim Finanzamt im April 2013.
Ein hektisch zusammengeschustertes Schreiben an den Fiskus
Ein Jahr später muss sich Hoeneß nun wegen Steuerhinterziehung vor der Fünften Strafkammer des Landgerichts München II verantworten. Der 62 Jahre alte Unternehmer und Präsident des FC Bayern München ist schon zu Lebzeiten eine Legende. Zu der aber auch die dunkle Seite eines mutmaßlichen Straftäters gehört. Eines üblen Börsenzockers, der auf einem Geheimkonto bei der Zürcher Bank Vontobel mit Millionen jongliert hat wie jene „Yuppies mit ihren Hosenträgern“ in New York und London, die in all den Jahren immer Opfer seiner Hasstiraden waren. In Wirklichkeit war Hoeneß einer von ihnen.
Vor Gericht geht es am Montag vor allem um die Zeit vor der Finanzkrise – genau um die Jahre zwischen 2003 und 2009, in denen Hoeneß wilde Geschäfte machte an den Börsen in Hongkong, Tokio und London. Dort soll er Tag und Nacht mitunter dreistellige Millionenbeträge bewegt und in den sieben fraglichen Jahren mehr als 30 Millionen Euro zu versteuerndes Einkommen verdient haben. Angefangen hat alles mit jenen 20Millionen Mark, die ihm nach der Jahrtausendwende der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus zur Verfügung gestellt hatte. Hoeneß’ freundschaftliche Beziehung zu Dreyfus und der Einstieg von Adidas bei Bayern München spielen juristisch allerdings keine Rolle mehr. Die denkbare Kumpanei zwischen zwei Managern wäre verjährt.
Brandgefährlich ist für Hoeneß die Steuerhinterziehung: Die Staatsanwaltschaft hält seine Selbstanzeige für unwirksam und sieht daher den Weg zur Straffreiheit verbaut. Offenbar will sie ihm nicht einmal eine mildere Strafe zugestehen. Denn gleich beide Sperrgründe, an denen eine Selbstanzeige scheitern kann, hält sie für erfüllt.