Neues Leistungsschutzrecht : Gesetz soll Verlage vor Ausbeutung im Internet schützen
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Die Leistungen der Presseverlage im Internet sollen künftig durch ein Gesetz geschützt werden. Die Koalition hat es allerdings in letzter Minute entschärft. Die SPD will es im Bundesrat noch kippen.
Nach jahrelangem Streit hat der Bundestag eine Stärkung der Urheberrechte von Presseverlagen im Internet beschlossen. Mit der Mehrheit von Union und FDP beschloss er am Freitag die Einführung eines Leistungsschutzrechts, wie es etwa die Film- und Musikbranche längst besitzen. Danach dürfen Internet-Suchmaschinen und gewerbliche Nachrichten-Aggregatoren nur noch kurze Auszüge von Presseerzeugnissen unentgeltlich anzeigen. Für eine weitergehende systematische Nutzung können die Verlage eine Lizenzgebühr verlangen.
Entschärfung in letzter Minute
Die Koalition hat das Gesetz allerdings vor zwei Tagen entschärft. Denn neben Protesten der Internetbranche und der Opposition gab es auch einzelne Kritiker in den eigenen Reihen. Eingefügt wurde eine Ausnahme für „einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“. Diese Erlaubnis für sogenannte Snippets soll es Suchmaschinen ermöglichen, ihre „Lotsenfunktion“ im Netz zu erfüllen - ähnlich den vom Urheberrecht auch erlaubten Miniaturfotos („Thumbnails“). Für Tonträger ist selbst dies nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs im Fall „Metall auf Metall“ nicht erlaubt.
„Bayern schlägt Schalke“ nennt die amtliche Gesetzesbegründung als Beispiel für Einträge, die beispielsweise Google kostenlos auflisten darf. Politiker von SPD, Grünen und Linken hatten vor einer Prozessflut gewarnt, weil nun erst die Gerichte nun klären müssten, wo die Obergrenze für legale Textschnipsel liegt. Eine feste Zeichenlänge könne jedoch schon deswegen nicht definiert werden, konterten die Regierungsfraktionen im Rechtsausschuss, „weil der Suchbegriff unterschiedlich lang sein könne“. Im Parlament ergänzte der CSU-Rechtspolitiker Thomas Silberhorn, maßgeblich sei nicht die Länge, sondern ob die Textabschnitte auf eine „verlagstypische Leistung“ zugriffen. In der Praxis wären die Betroffenen ohne Weiteres in der Lage, den Einzelfall zu klären: „Das wird der Markt regeln.“
Harsche Kritik der Opposition
Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Günter Krings, sagte, mit dem Leistungsschutzrecht werde eine Lücke geschlossen: „Als Zeitungen nur in Print-Form erschienen, war das nicht notwendig.“ Mit der Nutzung des Internets als Vertriebsweg müssten die Leistungen der Verlage jedoch geschützt werden. Die Journalisten sollten an den Erlösen über eine Verwertungsgesellschaft beteiligt werden. Auch der FDP-Rechtsexperte Stephan Thomae verteidigte den Kompromiss. Schließlich wollten Verlage, die ihre Inhalte ins Internet stellten, auch, dass diese gefunden würden. Der netzpolitische Sprecher der Grünen, Konstantin von Notz, warf der Koalition vor, das Gesetz „verschlimmbessert“ zu haben. Es diene lediglich der Gesichtswahrung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die den Verlagen ein Leistungsschutzrecht versprochen habe. Die medienpolitische Sprecherin der Grünen, Tabea Rößner, sagte, die einzigen Profiteure der Reform seien die Anwälte: „Niemand weiß genau, was genau vor wem geschützt werden soll.“ Die Reform des Leistungsschutzrechts sei „der größte Schwachsinn aller Zeiten“.
Der SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil kündigte an, seine Partei werde die Vorschriften im Bundesrat stoppen. Dort haben die von der Opposition regierten Länder seit der Niedersachsen-Wahl die Mehrheit. Das Gesetz ist zwar nicht zustimmungspflichtig. Durch Anrufung des Vermittlungsausschusses kann der Bundesrat es aber blockieren. Wenn ihm das lange genug gelingt, fällt es der „Diskontinuität“ anheim und müsste nach der Bundestagswahl von Neuem beraten und beschlossen werden.