F.A.Z. exklusiv : Maas entschärft Pläne für Gerichts-TV
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Medienaufkommen beim NSU-Prozess Bild: dapd
Künftig sollen Urteilsverkündungen von Bundesgerichten im Fernsehen direkt übertragen werden dürfen – aber nur, wenn der Richter einverstanden ist. Damit kommt Justizminister Maas Bedenken aus der Richterschaft entgegen.
Bundesjustizminister Heiko Maas hat die Pläne zur direkten Film- und Tonübertragung aus Gerichtssälen entschärft. Künftig sollen Urteilsverkündungen von Bundesgerichten im Fernsehen direkt übertragen werden dürfen – aber nur, wenn der Vorsitzende Richter einverstanden ist.
Das sieht der Entwurf eines „Gesetzes zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren“ vor, mit dem Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) Bedenken aus der Richterschaft entgegenkommt und welcher der F.A.Z. vorliegt. Hierzu soll §169 des Gerichtsverfassungsgesetzes erweitert werden.
Begründet wird das Vorhaben mit der „besseren Wirkkraft“ von live gesendeten Urteilen und dem Wandel der Medien, die neue Kommunikationsformen wie Twitter in ihre Arbeit einbezögen.
Richter bald am Youtube-Pranger?
Eine weitere Neuerung: Verhandlungen auch an anderen Gerichten können künftig per Ton in einen Nebenraum ausschließlich für Medienvertreter übertragen werden. Das ist eine Reaktion auf oft zu kleine Säle bei spektakulären Verfahren wie dem Münchner NSU-Prozess gegen mutmaßliche Neonazis.
Ferner werden Ton- und Bildaufnahmen zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken und bei „herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung“ erlaubt – wie etwa dem NSU-Verfahren.
Viele Richter, unter anderem die Präsidentin des Bundesgerichtshofs, Bettina Limperg, hatten sich kritisch zu dem Vorhaben geäußert. Sie befürchten, für gelegentliche Stammler bald am Youtube-Pranger zu stehen. Doch auch beim Bundesverfassungsgericht werde in der Regel nur eine Kurzfassung vorgetragen, heißt es im Entwurf kühl.