BGH-Urteil zu Rupert Scholz zieht Kreise : Promi-Haftung bleibt Ausnahme
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Prominente haften, wenn sie für eine fehlgeschlagene Kapitalanlage mit ihrer „besonderen Fachkunde“ geworben haben. Das entschied der Bundesgerichtshof in einem Verfahren gegen den früheren Bundesverteidigungsminister Rupert Scholz. Im Telekom-Prozess haben sich die Richter nun damit befasst.
Das Urteil, mit dem der Bundesgerichtshof (BGH) die Haftung von Prominenten für die Werbung für Kapitalanlagen ausgeweitet hat, zieht Kreise. Im Zuge einer Klage gegen den früheren Bundesverteidigungsminister Rupert Scholz hatten die Richter entschieden: Die "Prospekthaftung im engeren Sinne" trifft nicht nur die Gründer, Initiatoren und Gestalter einer Fondsgesellschaft, sondern auch "Hintermänner" und solche Personen, die in der Werbung um Investoren ein besonderes Vertrauen in ihre Kompetenz in Anspruch nehmen können. Neu war an dem Richterspruch, dass darunter auch ein ehemaliger Spitzenpolitiker und Hochschullehrer wie Scholz fallen kann, der mittlerweile als Rechtsanwalt arbeitet. Außerdem dehnten die obersten Zivilrichter die Haftung auf Angaben aus, die nicht im eigentlichen Emissionsprospekt stehen. Der BGH verwies den Fall an das Oberlandesgericht Karlsruhe zurück, das Scholz zuvor - anders als in der ersten Instanz das Landgericht Mosbach - recht gegeben hatte (F.A.Z. vom 9. Dezember; Az.: III ZR 103/10).
Die Anbieter hatten Anlegern Interviews von Scholz zugeschickt, in denen er sich der strengen Kontrolle der Geldanlagen rühmte und sie anpries. Zeitweise war er Vorsitzender des Beirats der Deutsche Anlagen AG (DA); diese war einzige Gesellschafterin der DPM Deutsche Portfolio Management AG, die ihrerseits die Vollhafterin der Anlagegesellschaft "MSF Master Star Fund Deutsche Vermögensfonds I AG & Co. KG" (DVG) war. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) schloss den Fonds wegen Rechtsverstößen, was das Bundesverwaltungsgericht billigte. Die Stiftung Warentest warnte schon zuvor vor dem Produkt; sie sah sich an das Konzept der "Göttinger Gruppe" erinnert. Die DA bestritt allerdings, dass diese mitgewirkt habe.
Das BGH-Urteil meldet deutliche Zweifel am Verhalten des CDU-Politikers an. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des BGH-Senats kürzlich auf dem achten Tag des Bank- und Kapitalmarktrechts in Frankfurt, wie die Fachzeitschrift "Wertpapiermitteilungen" (WM) berichtet. Die Oberlandesrichter werden nun frühestens im März neu verhandeln. Scholz warf dem BGH in einem Interview vor, das Urteil sei voller Widersprüche; er selbst habe mit dem Prospekt nichts zu tun gehabt.
Auch in der Klage von 17 000 Telekom-Aktionären spielte der Entscheid vergangene Woche vor dem Oberlandesgericht Frankfurt eine Rolle. Die Werbung des Schauspielers Manfred Krug für die vermeintliche Volksaktie biete keine Parallele zum Fall Rupert Scholz, sagte die Vorsitzende Richterin Brigitta Schier-Ammann zu entsprechenden Beratungen ihres Senats. Scholz habe Sachverstand für sich in Anspruch genommen, Krug hingegen habe sich nie fachlich geäußert.
Der Marburger Juraprofessor Lars Klöhn nannte das BGH-Urteil in den (durchaus als bankennah geltenden) WM "dogmatisch konsequent" und "rechtsökonomisch sinnvoll". Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung sei damit in personeller wie sachlicher Hinsicht erheblich erweitert worden.