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Ratlosigkeit in Fukushima : Unter Wasser

Hilflose Experten: In den Tanks lagert radioaktiv kontaminiertes Wasser Bild: dpa

Der Energiekonzern Tepco ist mit der Situation in Fukushima überfordert. Mehr als 300.000 Tonnen radioaktiv belastetes Kühlwasser lagern hier. Die ersten Tanks zeigen schon Lecks.

          6 Min.

          Besucher, vor allem ausländische, sehen die Manager der Elektrizitätswerke von Tokio (Tepco) nicht so gerne auf dem Gelände der havarierten Atomreaktoren in Fukushima Daiichi. Auch mehr als zwei Jahre nach der Katastrophe wird Hilfe aus dem Ausland zumeist brüsk abgelehnt. Dabei ahnen die Experten oder die Journalisten aus dem Ausland, die Zugang bekommen, schnell, wo derzeit das größte Problem in Fukushima ist. Kaum hat der Bus mit den Besuchern die Kontrollen am Tor zum Atomkraftwerk passiert, wird das schnell offensichtlich. Überall, so weit das Auge reicht, stehen riesige, blau oder grau gestrichene runde Stahltanks. Hier lagert Tepco das radioaktiv belastete Wasser, das Tag für Tag bei der Kühlung der Reaktoren anfällt, in denen es im März 2011 zur Kernschmelze gekommen ist. 340.000 Liter Wasser pumpen die Ingenieure Tag für Tag in die zerstörten Gebäude, um die Reaktoren kühl zu halten.

          Carsten Germis
          Wirtschaftskorrespondent in Hamburg.

          Auf die Frage, wohin mit dem danach radioaktiv belasteten Wasser, wissen weder Tepco noch die japanische Regierung bis heute eine Antwort. Zudem dringen täglich vermutlich mehr als 400.000 Liter Grundwasser in die Untergeschosse der Reaktorgebäude ein. Dort mischen sie sich mit dem verseuchten Kühlwasser. Ein Teil des Wassers, das täglich abgepumpt und in den Stahltanks gelagert wird, läuft durch eine Dekontaminierungsanlage. Bislang lässt sich dort nur Cäsium entfernen, außerdem funktioniert die Anlage gerade nicht richtig.

          Kapazität soll mehr als verdoppelt werden

          Bis zu 1000 Tonnen Wasser fassen die hastig errichteten, provisorischen Tanks. Rund 1100 dieser Wassercontainer gibt es mittlerweile auf dem Gelände. Mehr als 300.000 Tonnen radioaktiv belastetes Wasser werden mittlerweile auf dem Gelände des Atomkraftwerks zwischengelagert. „Und wir bauen täglich neue Tanks hinzu“, erklärt ein Tepco-Mitarbeiter. Im Süden des Geländes hat das Unternehmen bereits einen Teil eines Waldes abholzen lassen, um Platz für neue Container zu schaffen. In den kommenden zwei Jahren soll die Kapazität auf 700 000 Tonnen mehr als verdoppelt werden. Das sind gigantische Mengen.

          Täglich fließen von den nahe gelegenen Hügeln rund 1000 Tonnen Grundwasser auf das Gelände. 400 Tonnen bahnen sich ihren Weg in die Untergeschosse der Reaktorgebäude, in denen im März 2011 nach dem verheerenden Erdbeben und Tsunami die Reaktorkerne geschmolzen sind. „Wir haben noch eine lange Reise vor uns“, räumte Tepco-Manager Takeshi Takahasi bei einem Besuch ausländischer Journalisten im Sommer ein. Mit hängenden Schultern, den Kopf leicht gesenkt, machte er den Eindruck eines Mannes, der an den Grenzen seiner Belastbarkeit angekommen ist. Wie Tepco im Juli zugab, als es nicht mehr zu vertuschen war, fließen Tag für Tag schätzungsweise 300 Tonnen des radioaktiv belasteten Wassers über Lecks in den Kabelschächten und Kanälen des Atomkraftwerks in den Pazifik.

          Dagegen können Takahashi und seine Männer wenig machen. Wegen der hohen Strahlung ist es den Technikern bis heute nicht möglich, die volllaufenden Untergeschosse zu kontrollieren. Niemand weiß daher, wo die Reaktorblöcke lecken. Die Regierung in Tokio räumt mittlerweile ein, dass über diese Lecks bereits seit mehr als zwei Jahren radioaktiv belastetes Wasser in den Pazifik kommt. Hohe Werte würden aber lediglich im Hafenbecken gemessen.

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