https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/pro-jahr-in-deutschland-13-millionen-tonnen-essen-im-muell-16213343.html

Jährlich in Deutschland : 13 Millionen Tonnen Lebensmittel für die Tonne

  • Aktualisiert am

Lebensmittel liegen in einer Bio-Mülltonne. Bild: dpa

Im Schnitt wirft ein deutscher Bundesbürger pro Jahr 85 Kilo Nahrungsmittel weg. Im Vergleich mit Gastronomie und Verarbeitung schneiden die Haushalte mit Abstand am schlechtesten ab.

          2 Min.

          Trotz vieler Appelle zum Stopp der Lebensmittelverschwendung landen in Deutschland jährlich fast 13 Millionen Tonnen Essen im Müll. Allein in den Haushalten wirft jeder Mensch im Schnitt 85,2 Kilogramm Nahrungsmittel im Jahr weg. Das zeigen neue Berechnungen der Universität Stuttgart bezogen auf das Jahr 2015. Mehr als 40 Prozent (37,3 Kilo) davon wären in den Haushalten vermeidbar, wie die Forscher sagen. Dafür müssten die Verbraucher etwa Obst, Gemüse und Brot richtig lagern, insgesamt weniger kaufen und welken Salat oder fleckige Äpfel sowie Reste nicht bedenkenlos wegwerfen.

          Zählt man die Abfallmengen von Landwirten, Lebensmittelverarbeitern, dem Handel und der Gastronomie dazu, kommt man auf 12,7 Millionen Tonnen verschwendete Lebensmittel im Jahr.

          Die Wissenschaftler hatten 2012 – damals gefördert durch das Bundesernährungsministerium – schon einmal eine Berechnung herausgebracht. Damals waren die Abfälle, die bei den Landwirten anfielen, nicht enthalten. Seither sei die Menge der Nahrungsmittel, die insgesamt weggeworfen wird, in etwa gleich groß geblieben, erläuterte Studienleiter Gerold Hafner vom Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft. Kleinere Abweichungen seien statistisch nicht signifikant.

          Unter Umwelt- und Ressourcenaspekten besonders relevant

          Bundesernährungsministerin Julia Klöckner rief Verbraucher, Handel, Restaurants und Produzenten zu einer gemeinsamen Anstrengung gegen das Verschwenden von Essen auf. „Weniger Lebensmittel wegzuwerfen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, sagte die CDU-Politikerin. „Wir kaufen oft zu viel ein, lagern unsere Lebensmittel häufig falsch und verwerten die übrig gebliebenen Reste nicht weiter“, erläuterte sie mit Blick auf die Haushalte.

          Beim Wegwerfen wird unter anderem die Energie verschwendet, die zum Erzeugen der Produkte nötig war. Experten sprechen dabei vom ökologischen Rucksack: „Bereits zubereitete Speisen haben den größten ökologischen Rucksack“, sagte Gerold Hafner. „Lebensmittelabfälle, die in den Haushalten oder in der Außer-Haus-Verpflegung anfallen, repräsentieren demnach nicht nur die größte Menge, sondern sind unter Umwelt- und Ressourcenaspekten besonders relevant.“

          Von der Gesamtmenge der Lebensmittelabfälle sei ein noch größerer Teil als zu Hause – knapp 6 bis zu 8,2 Millionen Tonnen – theoretisch vermeidbar, hieß es. Die Haushalte werfen jedoch mit Abstand am meisten Essen weg, wie die Berechnungen der Uni in Rahmen des vom Bundesbildungsministerium finanzierten Projekts zeigen: Von dort stammt mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Abfallmenge. Das sind knapp 7 Millionen Tonnen. 17 Prozent (2,2 Millionen Tonnen) kommen aus der Verarbeitung, 13 Prozent (1,7 Millionen Tonnen) aus der Gastronomie.

          Nicht einfach zu messen

          Die Regierung verfolgt das Ziel, dass aus dem Einzelhandel und bei Haushalten bis 2030 nur noch halb so viel Essen im Müll landen soll wie bisher. Um die Wirkung von entsprechenden Maßnahmen zu beurteilen, sind genaue Daten wichtig. Allerdings seien Lebensmittelabfälle nicht einfach zu messen, erläuterte Hafner. Niemand sammle allen Müll, deshalb gebe es nicht in allen Teilen der Wertschöpfungskette repräsentative Daten.

          Die Forscher aus Stuttgart sichteten ein Jahr amtliche Statistiken und solche aus der Industrie und dem Handel, sie werteten Ernährungsstudien und ausländische Studien aus. Für die Haushalte analysierten sie Abfallstatistiken. Auch besuchten sie Bäckereien und Küchen großer Betriebe und untersuchten stichprobenartig die Abfälle.

          Die Umweltstiftung WWF nannte einmal eine Menge von 18 Millionen Tonnen Lebensmittelabfall für Deutschland. Weltweit gehen Experten davon aus, dass rund ein Drittel des Essens im Müll landet.

          Weitere Themen

          Die Corona-Goldgrube leert sich

          Biontech : Die Corona-Goldgrube leert sich

          Die Jahre zweistelliger Milliardenumsätze sind für den Mainzer Impfstoffhersteller erst einmal vorbei. Jetzt richten sich die Hoffnungen auf Krebstherapien.

          Topmeldungen

          Mitglieder von Verdi und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG während einer Demonstration in Leipzig.

          Lohnkonflikte : Verdi sucht Lösung, die EVG eher nicht

          Weil zwei Gewerkschaften auf einmal streiken, standen am Montag sowohl Nah- als auch Fernverkehr still. Bis Mittwoch könnte zumindest ein teilweiser Kompromiss gefunden werden.
          Israels Premierminister Benjamin Netanyahu nimmt an einer Abstimmung im israelischen Parlament teil.

          Nach heftigem Protest : Netanjahu setzt Justizreform vorerst aus

          Israels Ministerpräsident Netanjahu begründete die Aussetzung der Justizreform damit, dass er einen „Bürgerkrieg“ vermeiden wolle. Das Gesetzesvorhaben wird nun frühestens Ende April im Parlament zur Abstimmung vorgelegt.
          Migranten aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara demonstrieren vor dem Sitz der Internationalen Organisation für Migration in Tunis.

          Migration nach Europa : Die Angst, dass Tunesien kollabiert

          Die Wirtschaftskrise in Tunesien verschärft sich. Aber Präsident Saïed unterschreibt einen Kreditvertrag mit dem Internationalen Währungsfonds nicht. Immer mehr Menschen verlassen das Land. In Europa wächst die Sorge.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.