Niedrige Ausgaben entlasten : Wirtschaft lobt die private Krankenversicherung
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Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) kritisiert das Lohnkostenargument. Bild: dpa
Die Unternehmen sparen jedes Jahr Lohnnebenkosten von gut 1,3 Milliarden Euro. Wie private Krankenversicherungen die Arbeitgeber entlasten.
Die private Krankenversicherung (PKV) erspart den deutschen Betrieben jedes Jahr Ausgaben von mehr als einer Milliarde Euro. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW). Der Grund dafür liege in den niedrigeren Beiträgen, die die Arbeitgeber für ihre zwar hochbezahlten, aber privat kranken- und pflegeversicherten Beschäftigten entrichteten. Die Privaten dürfen nur Arbeitnehmer versichern, die mehr als 56.250 Euro im Jahr verdienen.
Die Kosten der Privatversicherung lägen im Schnitt bei 460 Euro im Monat, wovon der Arbeitgeber die Hälfte trage, also 230 Euro, heißt es in der dieser Zeitung vorliegenden Analyse. Dagegen fielen in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung im vorigen Jahr bei Einkommen von 4150 Euro oder mehr im Monat Kosten von 639,38 Euro an, wovon der Arbeitgeber 301,13 Euro übernahm. Auf das Jahr gerechnet sind das für einen privat krankenversicherten Arbeitnehmer 850 Euro weniger Nebenkosten. Da auch die private Pflegeversicherung günstiger sei, kämen weitere 414 Euro Ersparnis hinzu, heißt es in der Untersuchung.
Auf das Jahr gerechnet summiere sich der Sparbetrag damit auf 1267 Euro. Die gegebenenfalls höhere Arbeitgeberleistung für privat mitversicherte Angehörige (bis zur Hälfte des Kassensatzes) sei berücksichtigt. Der Rest ist Multiplikation: Bei 1,26 Millionen privatversicherten Arbeitnehmern ergibt das einen jährlichen Sparbeitrag von 1,33 Milliarden Euro.
Niedrige Lohnzusatzkosten durch Wettbewerb
Diese niedrigeren Lohnzusatzkosten kämen nur zustande, weil private Versicherungen und gesetzliche Kassen im Wettbewerb stünden, sagte VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Die Arbeitgeber könnten das Geld für Investitionen oder neue Arbeitsplätze nutzen. Gemessen am Durchschnittseinkommen, könnten von der PKV-Ersparnis 40.000 Arbeitsplätze unterhalten werden.
Ob die Privatversicherten, wie die Arbeitgeber, im Vergleich zur Krankenkasse finanziell besser abschneiden, hängt hingegen von einer Reihe von Faktoren ab: dem individuellen Vertrag und Leistungsumfang und der Zahl der privat mitversicherten Familienangehörigen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass dort, wo viele Menschen arbeiten und überdurchschnittlich gut bezahlt werden – also in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg –, die rechnerischen Vorteile der Arbeitgeber durch die niedrigeren Privatversicherungskosten besonders hoch ausfallen. Allein in diesen drei Ländern wurden mit 840 Millionen Euro mehr als die Hälfte der potentiellen Lohnnebenkosten vermieden.
„Im Windschatten der gesetzlichen Krankenversicherung“
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) will das Lohnkostenargument hingegen nicht gelten lassen: „Selbst wenn die PKV-Mitgliedschaft eines Mitarbeiters im Einzelfall für ein Unternehmen einen finanziellen Vorteil mit sich bringt, beruht dieser lediglich darauf, dass die private Krankenversicherung sich der gesellschaftlichen Solidarität entzieht und im Windschatten der gesetzlichen Krankenversicherung ihr Geschäft betreibt“, sagte der Sprecher ihres Spitzenverbands.
Brossardt dagegen nutzt die Ergebnisse, um gerade für den Fortbestand des dualen Systems von privater und gesetzlicher Versicherung zu werben, das SPD, Grüne und Linke zugunsten einer „Bürgerversicherung“ abschaffen wollen. „Dieser Systemwettbewerb ist hilfreich und erfüllt eine Korrektivfunktion.“ Ohne die private „Rückversicherung“ müssten die Arbeitgeber milliardenhohe Zusatzkosten tragen. Die PKV leiste „einen wichtigen Beitrag, die Kosten im Rahmen zu halten“.
Gemessen an den 1,5 Billionen Euro, die die Arbeitgeber 2014 für Löhne, Gehälter und Nebenkosten aufgewandt haben, erscheinen allerdings auch jene 1,3 Milliarden Euro bescheiden. Es ist gerade einmal ein Anteil von einer Promille.