Post-Chef Frank Appel : „Wir Besserverdiener wollen höhere Steuern zahlen“
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Frank Appel: „Meist tritt nicht ein, was die Majorität denkt“ Bild: swiss-image.ch
Post-Chef Frank Appel fordert im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung Opfer von den Reichen, lobt die Kanzlerin und schimpft auf Banker, für die Geld ein Wert an sich ist.
Herr Appel, mit welchem Gefühl fahren Sie dieses Jahr aus Davos nach Hause?
Mit dem Gefühl, dass das Schlimmste der Krise überstanden ist - diese Zuversicht höre ich aus vielen Gesprächen heraus.
Dummerweise, so spotten Davos-Veteranen, kommt es meist genau anders als von der Wirtschaftselite zu Anfang des Jahres in den Schweizer Bergen prognostiziert.
Meist tritt nicht ein, was die Majorität denkt - das deckt sich mit meiner Erfahrung. Insofern mag es Sie trösten, dass in Davos niemand jubelnd unterwegs ist. Es hat sich noch keine klare Mehrheit herausgebildet. Insofern bin ich zuversichtlich, dass wir 2012 ein vernünftiges Wirtschaftswachstum sehen, wenn auch kein Rekordjahr.
Für 2011 haben Sie ein sattes Gewinnplus eingefahren: Bestätigt das die Erzählungen vieler Vorstände, wonach sie die Krise nur aus dem Fernseher kennen?
In unseren Zahlen haben wir tatsächlich nichts von einer Krise gespürt. Vor einem halben Jahr wurden wir Manager noch als naiv und blauäugig hingestellt, wenn wir gesagt haben: So schlimm wird es nicht kommen. Wir haben nicht ganz falsch gelegen. Die deutschen Unternehmen strotzen vor Kraft, quer durch die Branchen, die Firmen haben gute Chancen, das wegzustecken, selbst wenn es zu einer Delle kommen sollte, was ich aber nicht glaube.
Ihr Wort zählt besonders, da die Post als Logistiker früher als andere spürt, wenn der Austausch mit Waren ins Stocken gerät.
Wir sind ein früher Indikator, das stimmt - aber keine Hellseher. Das Malheur sehen wir auch erst, wenn es passiert ist.
Wie stellt sich aus Ihrer Warte die Misere in Griechenland dar? Transportieren Sie noch Pakete dorthin?
Selbstverständlich, auch dort verdienen wir gutes Geld.
Die Rechnung wird auch bezahlt?
Mir sind keine Probleme einer nachlassenden Zahlungsmoral bekannt.
Die Deutschen hätten zu spät zu wenig getan für die Euro-Rettung, kritisierten in Davos Leute wie George Soros. Sitzen wir zu Recht auf der Anklagebank?
Nein, überhaupt nicht. Wir sollten uns auch nicht einreden lassen, dass es auch nur einen Grund gibt, uns dorthin zu setzen. Wir haben in Deutschland in den letzten Jahren vieles richtig gemacht. Und weil das so ist, haben wir auch das Recht, unser Position zu vertreten, uns dagegen zu wehren, wenn andere immer noch mehr Milliarden zur Linderung der Schuldenkrise verlangen. Selbst der britische Premier Cameron hat gesagt, dass es auf gesunde Staatshaushalte und eine bessere Wettbewerbsfähigkeit ankommt.
Als die Bundeskanzlerin auf dem Weltwirtschaftsforum empfahl, den Besten nachzueifern, empörte das manche Angelsachsen: Deutschland spiele sich als Lehrmeister auf, war der Vorwurf.
Auch wenn uns das von manchen unterstellt wird - weder die Bundesregierung noch deutsche Manager machen anderen Vorschriften. Nur, was ist falsch daran, auf die eigenen Erfolge in den letzten zehn Jahren zu verweisen? Wir standen ja nicht immer so glänzend da.
Täuscht der Eindruck, dass die Kanzlerin für ihren Einsatz in der Euro-Krise im Urteil der Manager gewonnen hat?
Ich kann nur für mich sprechen, und da sehe ich, dass Frau Merkel richtige Punkte vertritt. Ich unterstütze es sehr, wenn sie sagt: Wir brauchen eine Schuldenbremse. Ich unterstütze es sehr, wenn sie sagt: Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit weitersteigern. Und ich glaube wie sie, dass wir eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte brauchen.
Was genau meinen Sie, wenn Sie einen „ausufernden Finanzkapitalismus“ angreifen?
Ich spreche von einer Form des Finanzkapitalismus, der keinen Nutzen für den Kunden generiert, denn der entzieht der sozialen Marktwirtschaft das Fundament: Einige wenige kassieren exorbitante Gehälter, vom Rest wird Lohnzurückhaltung verlangt. Geld ist ein Mittel, um Geschäfte zu ermöglichen, Geld ist kein Wert an sich, sondern ein Tauschmittel.
Spricht aus solcher Kritik der Neid der Industriemanager auf die Gehälter im Finanzdistrikt?
Ach was, ich verdiene sehr gut und definiere mich nicht über mein Auto oder die Größe des Hauses, sondern über den Wertbeitrag, den ich versuche für das Unternehmen zu leisten - für Kunden, Mitarbeiter und Aktionäre.
Verdienen Banker zu viel?