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Anschlag auf Rechtsanwalt : Freispruch oder Haftstrafe?

Der Hamburger Unternehmer Alexander Falk, 50 Jahre alt. Bild: EPA

2010 fiel ein Schuss auf einen Frankfurter Anwalt. Die Staatsanwaltschaft hält den Hamburger Unternehmer Alexander Falk für den Auftraggeber und fordert eine hohe Strafe. Die Verteidigung will einen Freispruch.

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          Am Ende will nicht einmal Alexander Falk noch etwas sagen. „Ich schließe mich meinen Verteidigern an“, sagt er mit einem Lächeln, das untypisch müde wirkt für den sonst so dynamischen Hamburger Unternehmer. Es ist 17.30 Uhr. Der Tag der Plädoyers in diesem komplizierten und mit harten Bandagen ausgefochtenen Verfahren ist vorbei. Stundenlang haben Staatsanwaltschaft und Verteidiger dargelegt, was ihre Schlüsse aus der zehn Monate langen Beweisaufnahme sind. Nur Zyniker haben zu Beginn des Prozesses den Gedanken ausgesprochen, dass es so lange dauern könnte. Dass Falk am Ende 22 Monate in Untersuchungshaft gesessen haben würde, ist eine weitere ungewöhnliche Begleiterscheinung dieses Falles.

          Anna-Sophia Lang
          Redakteurin in der Rhein-Main-Zeitung.

          Die Staatsanwaltschaft hat den Erben des Stadtplan-Verlages und erfolgreichen New-Economy-Unternehmer angeklagt, einen Anschlag auf einen Rechtsanwalt einer Großkanzlei in Auftrag gegeben zu haben, der ihm in einem Schadenersatzprozess große Teile seines Vermögens streitig machen wollte. Im Februar 2010 wurde das Opfer vor seinem Haus im Frankfurt-Harheim angeschossen. Diese Tat ist der Kern der Sache – und so ziemlich das einzige, worin sich die Verfahrensbeteiligten einig sind. Über das Wie und Weshalb, das es in einem Strafverfahren zu beantworten gilt, streiten sie seit dem ersten Tag.

          So bleibt es auch am Tag der Plädoyers. Die Staatsanwaltschaft wirft der Verteidigung vor, mit Nebenkriegsschauplätzen versucht zu haben, den Fokus vom Angeklagten abzuwenden. Die Verteidigung wiederum sagt, der Prozess sei geprägt gewesen von Spekulationen und einer mindestens arbeitsfaulen Justiz, es sei Strafrecht zur Charakterfrage gemacht worden, weil man Alexander Falk unbedingt verurteilen wolle.

          Verteidigung: Der Kronzeuge lügt

          Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass Falk den Auftrag gegeben hat, weil das spätere Opfer mit Härte und Unnachgiebigkeit vorging. Basis für diese Einschätzung ist maßgeblich die Aussage des Anwaltes. Er hatte von einer immer intensiveren Kette an Bedrohungen berichtet, die er und Kollegen sich schließlich nur noch mit dem Falk-Mandat erklären konnten: Anonyme Anrufe, Einbruchsversuche und der Schuss. Die Anklagebehörde beruft sich außerdem auf eine SMS an Falk Tage vor der Tat, in der die Rede davon ist, dass „die Oma“ ihren „Kuraufenthalt“ bekomme. Zudem stützt sich das Plädoyer auf eine heimlich gemachte Tonbandaufnahme. Diese ist zwar an vielen Stellen geschnitten, jedoch deutet sie aus Sicht der Staatsanwaltschaft trotzdem auf Falk als Initiator des Anschlages hin. Hinzu kommen unter anderem die Angaben einer Vertrauensperson des LKA, ein Erpresserbrief mit Täterwissen und der Kronzeuge. Die Staatsanwältin attestiert Falk eine kriminelle Energie und bezeichnet die Tat als Angriff auf den Rechtsstaat. Sie fordert sechs Jahre Haft und die Aufrechterhaltung des Haftbefehls.

          All das sieht die Verteidigung anders und beantragt einen Freispruch. Falk habe weder den Auftrag erteilt noch etwas von Einbrüchen gewusst. Er habe bloß an einen Laptop der Kanzlei kommen wollen, weil er dort entlastende Daten vermutete. Alles, was der Kronzeuge gesagt habe, sei falsch, der Mann habe nur die 100.000 Euro-Belohnung der Kanzleien des Opfers kassieren wollen. Die Tonbandaufnahme sei nur zur Erpressung Falks gemacht worden und das ursprüngliche Gespräch völlig sinnentstellt. Außerdem habe Falk gar keinen Groll gegen den Anwalt gehabt. Er habe sich im Jahr vor der Tat sogar besser mit ihm verstanden. Das Schadenersatz-Verfahren sei damals für ihn in den Hintergrund gerückt, weil die Familie Priorität gehabt habe. An die SMS kann Falk sich schließlich gar nicht erinnern.

          Es liegt nun am Gericht, zu entscheiden. Das Urteil fällt am Donnerstag.

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