Medizintechnikkonzern : Philips streicht noch einmal 6000 Stellen
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Zur Zentrale von Philips in Eindhoven wird geradelt. Bild: EPA
Die Nöte beim Medizintechnikkonzern werden immer größer: Nach einem teuren Produktrückruf forciert Philips den Stellenabbau und stellt mehr Geld für geschädigte Kunden zurück.
Philips weitet den Stellenabbau unter seinem neuen Vorstandsvorsitzenden stark aus: Der Medizintechnikkonzern streicht noch einmal 6000 Arbeitsplätze – zusätzlich zu den 4000 Stellen, die der Konzernchef Roy Jakobs kurz nach Beginn seiner Amtszeit nannte. Damit entfällt beim niederländischen Konkurrenten von Siemens Healthineers jeder achte Arbeitsplatz.
Jakobs war Mitte Oktober auf Frans van Houten gefolgt, der nach elfeinhalb Jahren vorzeitig abgetreten ist – rund ein halbes Jahr vor dem regulären Ende seiner Vertragslaufzeit. Dass das Unternehmen diese wenigen Monate nicht mehr abwartete, war als Zeichen der Dringlichkeit zu sehen, die es dem momentanen Hauptthema zumisst: einem Produktproblem mit bestimmten Beatmungsgeräten, die bei Schlafapnoe-Patienten zum Einsatz kommen, also Patienten, die im Schlaf gelegentliche Atemaussetzer erleiden. In den betroffenen Geräten ist geräuschdämpfender Schaumstoff verbaut, der sich lösen kann und beim Einatmen möglicherweise die Gesundheit schädigt.
Philips begann 2021 mit einem Rückruf und ersetzt nun 5,5 Millionen Geräte oder repariert sie. Das hat bisher zu knapp 885 Millionen Euro Rückstellungen für Kosten des Rückrufs geführt. Am Montag gab das Unternehmen bekannt, sie um 85 Millionen Euro zu erhöhen. Nicht eingerechnet sind Folgen möglicher rechtlicher Konsequenzen.
Hälfte der Stellen fällt schon 2023 weg
Das im Oktober angekündigte Stellenabbauprogramm laufe wie geplant, teilte Philips mit. Die 6000 Stellen im zweiten Schritt sollen bis 2025 entfallen, zur Hälfte noch im laufenden Jahr. Mit den Maßnahmen soll die operative Rendite wieder in den zweistelligen Bereich getrieben werden. Philips kündigte einige strukturelle Schritte an: Forschung und Entwicklung rücken stärker von der Konzernebene in die Sparten und sollen dort künftig zu 90 Prozent positioniert sein, statt zuletzt zu 70 Prozent.
Das soll das Tüfteln nach Neuem kundennäher machen. „Außerdem wird sich das Unternehmen auf weniger, besser ausgestattete Projekte konzentrieren, wobei Patientensicherheit, Qualität und Kundenbedürfnisse im Herzen des Innovationsdesigns liegen“, hieß es in einer Mitteilung. Philips werde weiterhin 9 Prozent des Umsatzes in die Forschung und Entwicklung stecken.
Im vergangenen Jahr stieg der Umsatz um 4 Prozent auf 17,8 Milliarden Euro. Philips profitiert hier vom schwachen Euro, durch den der außerhalb der Eurozone erwirtschaftete Umsatz rechnerisch höher ausfällt. Auf vergleichbarer Basis wäre der Umsatz um 3 Prozent gesunken, was das Unternehmen auf „Herausforderungen im Operativen und in den Lieferketten“ zurückführte. Der Auftragseingang schrumpfte ebenfalls um 3 Prozent. Der operative Gewinn fiel um gut ein Drittel auf 1,3 Milliarden Euro. Wegen der Abschreibungen in der problematischen Schlaf- und Beatmungssparte und den Kosten für den Konzernumbau fiel ein Verlust von mehr als 15 Milliarden Euro nach einem Überschuss von 3,3 Milliarden Euro im Jahr 2021 an.