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In Amerika : Pfizer-Chef: Impfstoff kostet weniger als eine warme Mahlzeit

  • -Aktualisiert am

Der Impfstoff von Biontech und Pfizer: Wie teuer wird das Vakzin? Bild: AFP

Trotz hoher Nachfrage verspricht Albert Bourla, keine Mondpreise für einen Impfstoff zu verlangen. Armen Ländern würden höchstens die reinen Produktionskosten in Rechnung gestellt.

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          Die Vereinigten Staaten erreichen nach einer Studie im Auftrag des internationalen Pharmaverbandes IFPMA (International Federation of Pharmaceutical Manufacturers and Associations) als erstes Land weltweit Herdenimmunität gegen die Covid-19-Pandemie, bei der Bürger weitgehend geschützt sind gegen die Krankheit. Der Datendienstleister Airfinity erwartet Herdenimmunität für Amerika Ende April nächsten Jahres, für die Europäische Union Anfang September, für Kanada und Großbritannien im Frühsommer. In anderen Ländern tritt der Schutz der Prognose zufolge später im Jahr 2021 ein.

          Zehn Monate nach Beginn der Arbeit an Covid-19-Impfstoffen zählt Airfinity 347 Kandidaten, die zurzeit getestet würden. Zwölf stecken aktuell in der letzten klinischen Testphase, der Biontech/Pfizer-Impfstoff ist bereits in England und Bahrein genehmigt und wird dort verabreicht. In Amerika steht die Genehmigung des Impfstoffes durch die Gesundheitsaufsicht FDA kurz bevor. Das gleiche gilt für den Impfstoff der Firma Moderna.

          Im Februar 2021 könnten Impfstoffe von Astra Zeneca und Johnsohn & Johnson genehmigungsreif sein. Anfang des kommenden Jahres könnten Resultate aus klinischen Testphasen von vier chinesischen Impfstoffen und dem russischen Vakzin Sputnik-V vorliegen. Weitere acht Impfstoff-Kandidaten könnten noch bis Ende des Jahres mit der klinischen Phase III beginnen, darunter die Entwicklungen des deutschen Unternehmens Curevac und der Konzerne Merck und Sanofi/GlaxoSmithKline.

          Sorge vor schneller Entwicklung

          Pfizer-Chef Albert Bourla sagte auf einer Videokonferenz, er habe Verständnis dafür, dass die schnelle Entwicklung der Impfstoffe vielen Menschen Sorge bereite. Gerade die Versuche in Amerika, das Genehmigungsverfahren zu politisieren, haben viele Menschen verunsichert, merkte Bourla kritisch an. Er könne aber versprechen, dass bei der Entwicklung und Genehmigung des Impfstoffes keine riskanten Abkürzungen beschritten worden seien.

          Die Teststandards seien sogar höher als gewöhnlich gewesen. Er bekräftigte den Plan, in diesem Jahr 50 Millionen und im kommenden Jahr 1,3 Milliarden Dosen bereit zu stellen. Pfizer arbeitet zudem an einem Verfahren, den Impfstoff robuster gegen Wärme zu machen. Bourla sieht vielversprechende Zwischenergebnisse. Der Impfstoff muss zurzeit noch bei minus 70 Grad Celsius gelagert und transportiert werden. Die Kühlung könnte vor allem in ärmeren Ländern zum Problem werden.

          Bourla versprach, Pfizer werde seine Marktsituation nicht ausnutzen und wegen der riesigen Nachfrage bei limitiertem Angebot etwa Mondpreise verlangen. Wie auch andere Pharmakonzerne verfolge Pfizer ein Drei-Stufen-Modell in der Bepreisung, bei der reiche Länder mehr als Schwellenländer zahlen. Für arme Länder würden höchsten die reinen Produktionskosten in Rechnung gestellt. In Amerika koste eine Impfung rund 20 Dollar und damit weniger als eine warme Mahlzeit.             

          Thomas Cueni, Generaldirektor der IFPMA warnte vor Überlegungen, den Schutz des geistigen Eigentums an den kritischen Impfstoffen und Medikamenten abzuschwächen. Die Welthandelsorganisation erwägt, die Verpflichtung von Mitgliedsländern zur juristischen Verfolgung von Eigentumsverletzungen auszusetzen. Das sei kontraproduktiv, warnte Cueni.

          Eli-Lilly-Chef David Ricks hob hervor, Patente auf Medikamente seien nicht der entscheidende Engpass, sondern Produktionskapazitäten. Sein Konzern würde überdies Rechtsverletzungen in armen Ländern gar nicht anzeigen. Mangelnde Produktionskapazitäten als größte Hürde sieht auch Roche-Chef Severin Schwan. Seine Firma arbeitet vor allem an Covid-Tests. Nach seiner Einschätzung wird die Nachfrage auf absehbare Zeit das Angebot übersteigen.

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