https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/peter-altmaier-will-aktive-industriepolitik-machen-15878752.html

Bundeswirtschaftsminister : Altmaier will aktive Industriepolitik machen

  • Aktualisiert am

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier Bild: dpa

Deutschland steht vor wichtigen Weichenstellungen, sagen die Wirtschaftsweisen in ihrem Jahresgutachten. Wirtschaftsminister Altmaier kommt aber zu deutlichen anderen Lösungen.

          2 Min.

          Die fünf „Wirtschaftsweisen“, also der ökonomische Sachverständigenrat der Bundesregierung, haben der Regierung in ihrem Gutachten, über das die F.A.Z. zuerst berichtet hatte, in zahlreichen wirtschaftspolitischen Fragen die Leviten gelesen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat sich an diesem Mittwoch nun in einem Punkt ausdrücklich gegen die Ratschläge der Experten gewandt: „Die Auffassung, dass sich Wirtschaftspolitik allein auf die Schaffung von Rahmenbedingungen beschränken soll, also die ausnahmslose Ablehnung einer aktiven Industriepolitik, teile ich ausdrücklich nicht“, sagte der CDU-Politiker.

          Auch wenn sich der Staat so weit wie möglich aus der Wirtschaft heraushalten sollte, gebe es Bereiche, in denen das Engagement einzelner Unternehmen alleine nicht ausreiche – beispielsweise in der Batteriezellfertigung. Die Batterie steht für rund 40 Prozent der Wertschöpfung im Bereich der Elektromobilität. „Hier dürfen wir uns nicht damit abfinden, dass diese Wertschöpfung in der Zukunft allein in Asien und den USA stattfindet“, so Altmaier. Es sei die Aufgabe des Staats, die deutsche und europäische Industrie dabei zu unterstützen, schnell aufzuholen und wettbewerbsfähig zu werden.

          Bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) treffen die Wirtschaftsweisen mit ihren Ratschlägen hingegen auf offenere Ohren: Auch ihr Kabinett sehe die demografische Entwicklung und die Digitalisierung als Herausforderungen für die Zukunft, sagte sie bei der Übergabe des Gutachtens. Zudem müsse sich die Regierung mit dem Thema Rente und Fragen der internationalen Besteuerung intensiver auseinandersetzen.

          Die Top-Ökonomen hatten angesichts der ungewissen Zukunft der globalen Wirtschaftsordnung und dem demografischen Wandel von großen Herausforderungen für Deutschland gesprochen. Merkel nahm dies auf und sagte, es gebe derzeit „einige Irritationen“ im Hinblick auf das internationale Handelssystem. „Wir sehen auch wichtige wirtschaftspolitische Weichenstellungen“, so Merkel. „Wir bemühen uns, auf gute Argumente auch gute Antworten zu finden“, sagte sie zu den vielen Vorschlägen des Sachverständigenrates.

          Wachstumsprognose gesenkt

          Für 2019 rechnen die Wirtschaftsweisen mit einem Zuwachs des BIP um 1,5 Prozent. Im März hatten sie hier 1,8 Prozent erwartet. „Die ungewisse Zukunft der globalen Wirtschaftsordnung und der demografische Wandel stellen die deutsche Volkswirtschaft vor große Herausforderungen“, erklärte der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Christoph Schmidt. Die Bundesrepublik stehe deshalb vor „wichtigen wirtschaftspolitischen Weichenstellungen“. Die Ökonomen forderten die Bundesregierung in ihrem Jahresgutachten auf, den verschärften internationalen Steuerwettbewerb anzunehmen und den Solidaritätszuschlag vollständig abschaffen. Der Soli soll bisher für 90 Prozent der Zahler abgeschafft werden. Da dies im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist, sperrt sich die SPD gegen Stimmen aus der Union gegen eine vollständige Abschaffung.

          Um den Euroraum zu stabilisieren, müsse die Europäische Zentralbank (EZB) den Übergang zu einer normalen Geldpolitik erfolgreich bewerkstelligen, heißt es. „Es besteht die Gefahr, dass die geldpolitische Wende zu spät kommt.“ Bei der hohen Preisdynamik auf dem deutschen Immobilienmarkt seien Maßnahmen zur Ausweitung des Angebots angesagt. „Die Mietpreisbremse setzt nur an Symptomen an und ist nicht zielführend. Sinnvoll sind Reformen der Grund- und Grunderwerbsteuer sowie eine Stärkung des Wohngelds. Der soziale Wohnungsbau sollte zudem besser ausgestaltet werden, urteilten die Weisen. 

          Weitere Themen

          Weniger Rügen für anstößige Werbung

          Werberat : Weniger Rügen für anstößige Werbung

          Nach Auffassung des Werberates werden Unternehmen sensibler für gesellschaftliche Diskurse. Demnach sei „herabwürdigende oder diskriminierende“ Werbung nicht mehr gefragt.

          Reno meldet Insolvenz an

          Schuhhändler in der Krise : Reno meldet Insolvenz an

          Nach Görtz und Salamander strauchelt die nächste bekannte Marke: Der Schuhfilialist Reno meldet Insolvenz an. Deichmann hingegen strotzt vor Kraft. Woran liegt das?

          Topmeldungen

          Großstreik für höhere Löhne: Am Montag war auch auf den Gleisen vor Frankfurts Bankentürmen wenig los.

          Europäische Zentralbank : Wie Profite die Inflation befeuern

          Pandemie, Ukrainekrieg, Energieschock – das alles trug zur Inflation bei. Aber spielen auch höhere Margen von Unternehmen eine Rolle? Die EZB wagt sich an das Thema.
          Boris Pistorius am Mittwoch

          Bundeswehr : Pistorius tauscht Spitze im Rüstungsamt aus

          Verteidigungsminister Boris Pistorius entlässt die Präsidentin des in die Kritik geratenen Rüstungsamtes der Bundeswehr. Nachfolgerin wird deren bisherige Stellvertreterin Annette Lehnigk-Emden.

          Schulmassaker in Tennessee : Was das Sturmgewehr AR-15 anrichten kann

          Die „Washington Post“ zeigt drastisch, welche Wunden das Sturmgewehr AR-15 verursacht. Mit dieser Waffe sind Amokläufer unterwegs, so auch die Attentäterin in Tennessee. Warum visualisiert die „Post“ das jetzt auch noch?

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.