Embargo extra-light
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Verschifftes russisches Öl ist vom Embargo betroffen, Pipeline-Öl nicht. Bild: dpa
Mit dem Ölembargo hat die EU den Punkt erreicht, an dem zumindest für einzelne Staaten die Kosten für ein geschlossenes Vorgehen gegen den russischen Aggressor zu hoch sind. Das gilt nicht nur für Ungarn.
So sehr die EU-Chefs die Einigung auf das sechste Sanktionspaket und das Ölembargo feiern mögen. Die Wahrheit ist, dass die Zeit der großen Sanktionspakete gegen Russland erst einmal vorbei ist. Mit dem Ölembargo hat die EU den Punkt erreicht, an dem zumindest für einzelne Staaten die Kosten für ein geschlossenes Vorgehen der EU gegen den russischen Aggressor zu hoch sind. Das gilt nicht nur für Ungarn, das die Einigung beinahe vier Wochen blockiert hat – auch Deutschland hat sich erst für das Embargo eingesetzt, nachdem es die Abhängigkeit vom russischen Öl stark reduziert hatte.
Das Ergebnis ist ein Embargo mit kleinen und großen Löchern. Die EU wird die Öleinfuhr aus Russland zwar beenden. Das gilt aber nur für Öl, das per Tanker ankommt. Ungarn, die Slowakei und Tschechien können weiter über die Druschba-Pipeline beliefert werden. Weil Deutschland und Polen kein Öl aus dem Nordarm der Pipeline mehr abnehmen werden, trifft das immerhin 90 Prozent der Einfuhr. Das tut Russland weh, da es das Öl nicht einfach anderswo verkaufen kann, und wenn zu Discount-Preisen, zumal das Paket auch ein Rückversicherungsverbot für russische Öltanker enthält.
Der große Makel ist: Das alles greift erst ab dem Jahr 2023 richtig. Bis dahin kann der russische Präsident Wladimir Putin sich die Taschen mit europäischen Ölmilliarden füllen. Weil die Preise steigen dürften, wird das den negativen Effekt des Embargos im schlimmsten Fall sogar erst einmal überkompensieren. Und er kann sich in der Zwischenzeit nach neuen Kunden umsehen. Zudem besteht die Gefahr, dass das billige Pipeline-Öl, das Ungarn, Tschechen und Slowaken weiter bekommen, in der EU wie ein Spaltpilz wirkt – selbst wenn sie es nicht weiterverkaufen dürfen.
Was fehlt, ist ein begleitender Importzoll. Mit dem könnte die EU einen Teil der russischen Gewinne abschöpfen und dafür sorgen, dass auch das Pipeline-Öl teurer wird. Der Charme ist, dass die EU für einen solchen Zoll, anders als für neue Sanktionspakete, keine Einstimmigkeit braucht.
Die Arbeiten daran müssen unmittelbar beginnen. Ansonsten müssen sich die Europäer nun darauf vorbereiten, dass Putin das Ölembargo nicht einfach hinnehmen wird und am Gashahn dreht.

