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Öffentlicher Dienst : Mehr Urlaub für jüngere Beschäftigte

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Mehr Urlaub für Jüngere im öffentlichen Dienst

Mehr Urlaub für Jüngere im öffentlichen Dienst Bild: dpa

Jüngere Beschäftigte im öffentlichen Dienst dürfen sich auf bis zu vier Tage mehr Freizeit im Jahr freuen. Einem Bundesarbeitsgerichtsurteil zufolge darf der Urlaubsanspruch nämlich nicht nach Alter gestaffelt werden. Die Entscheidung gilt ab sofort. Sie könnte sich auch auf andere Branchen auswirken.

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          Wer älteren Arbeitnehmern mehr Urlaub gewährt, diskriminiert die Nachwuchskräfte. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Dienstag entschieden. Dem Erfurter Gericht lag der Fall einer Angestellten im öffentlichen Dienst vor. Dessen Tarifvertrag (TVöD) sieht vor, dass Beschäftigte bis zum vollendeten 30. Lebensjahr 26 Tage Urlaub haben, bis zum 40. Lebensjahr 29 und danach 30 Urlaubstage. Die Klägerin hatte für die Jahre 2008 und 2009, in denen sie noch nicht das 40. Lebensjahr überschritten hatte, jeweils einen zusätzlichen Urlaubstag beansprucht. Dieser Forderung stimmten die Bundesrichter zu (Az.: 9 AZR 529/10).

          Die Differenzierung der Urlaubsdauer nach dem Lebensalter benachteilige Beschäftigte, die das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts. Die tarifliche Urlaubsstaffelung verfolge nicht das legitime Ziel, einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Menschen Rechnung zu tragen. „Ein gesteigertes Erholungsbedürfnis von Beschäftigten bereits ab dem 30. beziehungsweise 40. Lebensjahr ließe sich auch kaum begründen“, heißt es weiter. Daher müsse die Urlaubsdauer der Arbeitnehmerin „nach oben“ angepasst werden, weil nur so die rechtswidrige Lage beseitigt werden könne. Das bedeutet für die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst bis zu vier Tage Urlaub mehr.

          Ob dieses Urteil auch für andere Branchen gilt, hängt von dessen schriftlicher Begründung ab. Mit dieser ist erst in einigen Monaten zu rechnen. Die meisten großen Branchen, etwa die Metall- und die Chemieindustrie, haben die Altersstaffelung der Urlaubsansprüche in den letzten Jahren aus ihren Tarifverträgen getilgt, weil sie Probleme mit dem Verbot der Altersdiskriminierung durch mehrere EU-Richtlinien sahen. Im vergangenen Jahr zog auch der Einzelhandel nach. Eine Altersstaffelung – teilweise kombiniert mit einer Abstufung nach Betriebszugehörigkeit – gibt es nach Angaben des WSI-Tarifarchivs der Hans-Böckler-Stiftung derzeit etwa noch bei der Deutschen Post und der Deutschen Bahn. Zudem lehnen sich viele kleinere Branchen an den TVöD an. Älteren Arbeitnehmern mehr Urlaub zu gewähren war lange eine übliche Praxis sowohl in Tarif- als auch in Einzelarbeitsverträgen.

          Experten sind geteilter Meinung über den Richterspruch. Ulrich Preis, Arbeitsrechtsprofessor von der Universität Köln, bezeichnete ihn als „erwartbar“. Wenn Altersstaffelungen keinen plausiblen Grund hätten wie etwa das Erholungsbedürfnis bei schwerer körperlicher Arbeit, seien sie rechtswidrig. Aus rechtspolitischer Sicht sei das Urteil zu begrüßen, weil die weitverbreiteten Privilegien für Ältere dazu führten, dass sie auf dem Arbeitsmarkt schlechtere Chancen haben. Anders fällt die Einschätzung des Berliner Rechtsanwalts Gernod Meinel von der Kanzlei Raue aus: „Das Urteil wäre nach den europäischen Vorgaben meines Erachtens nicht zwingend gewesen.“ Es sollte den Tarifparteien überlassen bleiben, zu entschieden, ob bei höherem Lebensalter mehr Erholungsbedarf besteht.

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