Ehemaliger Betrüger : Nick Leeson wird Finanz-Detektiv
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Nick Leeson im Jahr 1999 auf dem Flughafen von Singapur nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis Bild: AFP
In den 1990er Jahren brachte er mit seinen Betrügereien die britische Investmentbank Barings zum Kollaps. Jetzt will er eine zweite Karriere starten.
Der frühere Spekulant und Betrüger Nick Leeson, der einst die britische Barings Bank kollabieren ließ, plant eine zweite Karriere als Finanzdetektiv. Leeson, 56 Jahre alt, heuert bei der Londoner Firma Red Mist Market Enforcement Unit an und soll dort Fälle von finanziellen Unregelmäßigkeiten und Betrug aufspüren. Die Firma verspricht Investoren Hilfe bei Schadenersatzforderungen. Leeson äußerte sich laut der Nachrichtenagentur Bloomberg zu seinem neuen Job in einem Interview: „Ich stand auf der anderen Seite und verstehe die Psychologie der Leute, die beteiligt sind.“ Auf seiner Website bezeichnet sich der frühere Spekulant, der vier Jahre im Gefängnis saß, als „das Original der Schurkenhändler“.
Leeson war einer der wohl bekanntesten Spekulanten der frühen 1990er Jahre, der erst als Star galt, aber mit illegalen Derivatespekulationen in Singapur der Barings Bank Verluste von insgesamt mehr als 830 Millionen Pfund einbrachte, was 1995 zum Zusammenbruch der ältesten britischen Investmentbank führte. 1995 wurde Leeson am Frankfurter Flughafen verhaftet und in Singapur wegen Untreue, Betrugs und Urkundenfälschung zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt, aber wegen einer Krebserkrankung 1999 vorzeitig entlassen. Anschließend schrieb er eine Autobiographie („Das Milliardenspiel“), die zu einem Bestseller wurde und auch verfilmt wurde. Später zog er nach Irland und arbeitete 2007 bis 2011 als Manager des Fußballklubs Galway United und tauchte 2018 in der englischen „Big Brother“ Reality-TV-Show auf. Zudem hat er noch Psychologie studiert und hält Reden über Finanzfragen.
Die Firma Red Mist („roter Nebel“), die Finanzgaunereien aufdecken soll, hat Seth Freedman aufgebaut, ein früherer Londoner Aktienhändler und Soldat der israelischen Streitkräfte, der in seiner Karriere auch schon für als Undercover-Ermittler für den gestürzten Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein gearbeitet hat. 2012 deckte er angebliche Preismanipulationen am Gasmarkt auf. Bis 2018 arbeitete Freedman für Black Cube, einer privaten Detektivagentur von israelischen Ex-Geheimdienstlern. 2021 gründete er Red Mist.
Über seinen neuen Mitarbeiter sagt Freedman mit leicht ironischem Understatement: „Leeson ist offenkundig schon mit Aufsichtsbehörden zusammengestoßen, er kennt die City wie seine Westentasche.“ Er sei ein „brillanter“ Ermittler. „Wenn es sich um Betrug in börsennotierten Unternehmen handelt und man das aufdecken muss, dann braucht man Experten für die Märkte“, so Freedman. Die Agentur Red Mist hat schon zuvor verurteilte Finanzbetrüger wie den früheren UBS- und Citigroup-Händler Tom Hayes eingestellt, der wegen der Manipulation von Interbanken-Zinssätzen in Haft kam. Zu den Kunden von Red Mist zählt unter anderen Nobu Su, ein taiwanesischer Schiffsmogul, der nach seinem Bankrott wegen Missachtung britischer Gerichte in Haft saß und behauptet, britische Banken hätten ihn in der Finanzkrise 2008 illegal um viel Geld gebracht. Leeson glaubt, dass die Zinswende noch einige Banken und Finanzfirmen in Bedrängnis bringen werde und es dann mit geprellten Anlegern Bedarf für seine Dienste als Ermittler geben werde.