Neue Strategie : Die Bundesregierung will zum Datenteilen animieren
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Die Bundesregierung will eine neue Datenstrategie entwickeln. Bild: dpa
Vorhandene Daten sollen mit einer Strategie der Bundesregierung besser genutzt werden können, aus der Internetwirtschaft kamen Lob und mahnende Worte.
Daten können das Leben sehr viel einfacher machen, und trotzdem werden sie noch immer nicht richtig genutzt. Die Bundesregierung will dies mit einer neuen Datenstrategie ändern, die 240 Maßnahmen umfasst. Sie sollen in den nächsten Jahren dafür sorgen, dass Unternehmen und Behörden ihre Arbeit verbessern. „90 Prozent aller Daten werden noch nicht genutzt“, sagte Kanzleramtschef Helge Braun am Mittwoch bei der Vorstellung der neuen Strategie. Deshalb habe es sich die Bundesregierung zur zentralen Aufgabe gemacht, das „innovative Potential“ künftig besser zu nutzen. Nach Schätzungen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie schlummert in Daten ein „Wertschöpfungspotential“ von bis zu 425 Milliarden Euro allein in den nächsten fünf Jahren.
Dabei gehe es zum Beispiel um die Nutzung von GPS-Daten von den Handys der Bürger, mit denen Kommunen den Verkehr auf der Straße und der Schiene besser organisieren könnten, erläuterte Braun. Mit ausgefeilten Sensordaten könnten sichere und bessere Fabriken gebaut werden, auch die Krebsforschung könnte verbessert werden.
Doch nicht nur Unternehmen sind gefordert, ihre Daten zu teilen. Auch der Staat soll mit gutem Beispiel vorangehen, Ministerien und die Kommunalverwaltung sitzen schließlich ebenfalls auf einem Berg von Daten. Teil der Strategie ist es deshalb, in jedem Ministerium eine Stelle zu schaffen, die sich um solche Fragen kümmert. Dabei geht es grundsätzlich um anonymisierte Daten, die keine Rückschlüsse auf konkrete Menschen zuließen.
Mit diesem Vorstoß widmet sich die Bundesregierung erstmalig der grundsätzlichen Frage, wie die vorhandenen Daten besser genutzt werden können. Eine solche Datenstrategie gab es bisher noch nicht. Stattdessen wurde bisher viel Wert auf den Datenschutz und die ethischen Fragen rund um die Verwendung der Datenflut gelegt. Diese Werte würden auch mit der neuen Datenstrategie nicht aufgegeben, versicherten Braun und die zuständige Staatsministerin Dorothee Bär.
Allerdings müssten insbesondere mittelständische Firmen dafür sorgen, dass sie im internationalen Wettbewerb nicht abgehängt würden. Insbesondere die Konkurrenten in den Vereinigten Staaten und in China nutzen Daten schon viel intensiver. Dabei gehe es auch darum, den Unternehmen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie das gelingen kann. „Viele sitzen auf Datenbeständen, weil ihnen die Kompetenz fehlt, daraus etwas zu machen“, sagte Braun. Außerdem gebe es Befürchtungen, übervorteilt zu werden, wenn man die Daten teilt. Deshalb hat die Bundesregierung nun die Idee eines „Datentreuhänders“ ins Spiel gebracht, der sicherstellen soll, dass die Daten anonymisiert und gemäß der getroffenen Vereinbarung genutzt werden. Diese Datentreuhänder könnten auf ganz unterschiedlichem Wege organisiert werden, sagte Braun: gemeinnützig oder genossenschaftlich etwa, außerdem könnten Unternehmen gemeinschaftlich einen Treuhänder bestellen.
Aus der Internetwirtschaft kamen Lob und mahnende Worte: Der Branchenverband Bitkom hält den Schritt für überfällig. „Mit einer Datenstrategie würden wir sehr viel besser und gesünder durch die Corona-Pandemie kommen.“ Er forderte mit Blick auf Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz, dass es in den Debatten zur Digitalisierung nicht immer nur darum gehen dürfe, wie man Daten vermeiden könne. „Wir müssen vielmehr eine sichere, verantwortungsvolle und die Privatsphäre der Menschen schützende Nutzung ermöglichen.“ Nun gehe es darum, „aus dem Diskussions- in den Umsetzungsmodus“ zu wechseln. Umgekehrt lehnte der Bitkom jedoch eine allgemeine Pflicht zur Datenteilung ab. Diese bestrafe innovative Unternehmen und hemme Innovationen. Stattdessen sollten Daten-Kooperationen gefördert werden. Der Verband der Internetwirtschaft Eco bemängelt zudem, dass in der Strategie nicht klargestellt werde, in welchen Bereichen und in welchem Umfang Datenverarbeitung von personenbezogenen Daten rechtmäßig sei.