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Asien : Neue Corona-Welle bedroht Lieferketten

Besonders Indien ist von der Pandemie hart getroffen: Wachpersonal vor Fracht-Containern in Bangalore. Bild: EPA-EFE

Die Infektionszahlen steigen in mehreren asiatischen Ländern. Lieferketten für Elektronik, Chips und Handys könnten reißen. Ausgerechnet China soll jetzt helfen.

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          Die neuen Corona-Wellen in Asien bedrohen die Lieferketten: In Indien kommt es in immer mehr Häfen zu Unterbrechungen, in Vietnam ist die Produktion von Mobiltelefonen gefährdet, der Logistikdrehscheibe Singapur droht ein weiterer harter Lockdown, in Taiwan rückt die Halbleiterfertigung in den Blickpunkt. In Asien leiden immer mehr Menschen unter dem Virus, zumal die Impfraten im Vergleich zu den Industrieländern des Westens weiter gering sind. Impfstoff aber bleibt Mangelware, auch weil Neu Delhi seinen Lieferzusagen nicht nachkommt. Die Infektionszahlen sind zwar teils geringer als während der Corona-Wellen in Deutschland, dennoch drohen schwere wirtschaftliche Folgen.

          Christoph Hein
          Wirtschaftskorrespondent für Südasien/Pazifik mit Sitz in Singapur.
          Patrick Welter
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Mit offiziell 27 Millionen Corona-Fällen und viel zu wenig Impfstoff sterben in Indien derzeit mehr Menschen als in irgendeiner anderen Region. Das hat massive Auswirkungen auf die drittgrößte Volkswirtschaft Asiens, bleibt aber nicht länger nur auf sie beschränkt. Die weiter grassierende zweite Welle des tödlichen Coronavirus werde sich wohl zu einem großen Störfaktor für die Schifffahrts- und Logistikbranche entwickeln, „weil mehrere Häfen rund um die Erde Schiffen die Einfahrt verweigern, die zuvor in irgendeinem Hafen entlang der Küsten Südasiens waren“, warnt Standard & Poor’s. Der Welthafen Singapur, aber auch der Umschlagplatz Fudschaira in den Vereinigten Arabischen Emiraten haben Schiffen aus Südasien Mannschaftswechsel untersagt.

          Große Sorgen in Vietnam

          In Südostasien flammen nun immer neue Brandherde auf. Der Finanzplatz Singapur leidet unter neuen „Clustern“ und hat inzwischen die beiden großen Konferenzen Shangri-La Dialogue und das Weltwirtschaftsforum (WEF) abgesagt. Mit ihrer Ausrichtung hatte die Rückkehr zu einer neuen Normalität eingeläutet werden sollen. Im Mittelpunkt aber steht die Sorge um Vietnam, wo immer mehr ausländische Firmen – von Bosch bis Samsung – fertigen lassen. In den vergangenen Tagen wurden Mitarbeiter von gut zehn ausländischen Herstellern, unter ihnen Samsung Electronics und Canon, positiv auf die indische Variante getestet. Der Landeschef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Kidong Park, warnte vor einer „besorgniserregenden Variante“. In den beiden am schlimmsten betroffenen Provinzen, Bac Giang und Bac Ninh nahe der Hauptstadt Hanoi, liegen mehr als 20 Industriezonen mit vielen ausländischen Investoren. Samsung lässt in seinen Fabriken in Nordvietnam mehr als die Hälfte seiner Weltproduktion von Smartphones herstellen. Beide Regionen sind im Lockdown, Feldlazarette aufgebaut.

          Das Touristenparadies Thailand, das zuletzt rund 2700 Infektionen innerhalb eines Tages meldete, ist das vierte der sechs führenden Länder der Region, das für das erste Quartal ein weiteres Schmelzen der Wirtschaft ausweist. Inzwischen erwartet die Regierung der zweitgrößten Volkswirtschaft Südostasiens 2021 nur noch 1,5 Prozent Wachstum, zuvor hoffte es noch auf 3,5 Prozent. Der Export von Dienstleistungen, den der Tourismus bestimmt, lag im ersten Quartal 64 Prozent unter dem Vorjahreswert. Schmolz die Wirtschaftsleistung Thailands bis März um 2,6 Prozent im Jahresvergleich, ging sie auf den Philippinen um 4,2 Prozent, in Indonesien um 0,7 Prozent und in Malaysia um 0,5 Prozent zurück. In Malaysia, wichtig für die Elektronikfertigung, hat die Regierung einen weiteren scharfen Lockdown verhängt.

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