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Personalisierte Werbung : Supermarktkette Real analysiert Kundengesichter

„Dieser Markt wird videoüberwacht“: Solche Sätze stehen in immer mehr Filialen Bild: dpa

In 40 Filialen zeichnen Kameras den Blickkontakt von Kunden auf und analysieren sie nach Alter und Geschlecht. Das Unternehmen verteidigt die Aktion.

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          Werber sind vom Internet verwöhnt. Wie leicht können sie dort doch die Kunden analysieren und deren Daten miteinander verknüpfen. Wer steuert welche Seite wie lange an, wo kommt die Person her, wie alt könnte sie sein und welche Interessen lassen sich aus den Suchbegriffen schließen? Wenn Unternehmen wie Facebook oder Google ihre Nutzer mit Cookies durchs Netz verfolgen, lassen sich leicht Profile erstellen. Damit möglichst viele Menschen passende Werbung angezeigt bekommen. Der Werber ahnt, was der Kunde will.

          Jonas Jansen
          Wirtschaftskorrespondent in Düsseldorf.

          Die analoge Einkaufswelt möchte da natürlich nachziehen, schnöde Befragungen auf Supermarktparkplätzen mit Klemmbrettern sind nicht mehr zeitgemäß. Auch Unternehmen wie Rewe oder Edeka werden immer digitaler. Manche gehen sogar noch einen Schritt weiter. So lässt die Supermarktkette Real, die zur Metro-Gruppe gehört, in 40 Filialen die Gesichter ihrer Kunden analysieren. Das macht die Echion AG für Real, die sich auf Kundenansprache für Handelsunternehmen spezialisiert hat. Das reicht von der richtigen Musik in der Filiale bis zum passenden Duft.

          Kameras zeichnen Blickkontakt auf

          In den Real-Märkten hat Echion nun an Werbebildschirmen in der Nähe der Kasse Kameras installiert, die den Blickkontakt der Kunden aufzeichnen. Erfasst werden zudem der Zeitpunkt und die Dauer der Betrachtung der Werbebildschirme, die Anzahl der Betrachter, ihr geschätztes Alter und das Geschlecht. Das Ziel des Werbeunternehmens und der Supermarktkette: zu verstehen, wofür sich Kunden interessieren und somit die ausgespielte Werbung besser an Interessen anzupassen. Zuerst hatte die Lebensmittelzeitung berichtet.

          Bilder nach 150 Millisekunden gelöscht

          Jedoch legt Real in einer Stellungnahme, die dieser Zeitung vorliegt, Wert auf die Feststellung, dass die erfassten Bilder nur für etwa 150 Millisekunden gespeichert und nicht übertragen würden. „Es werden lediglich Metadaten zum eigentlichen Bild übertragen. Das Recht am eigenen Bild wird daher nicht berührt“, heißt es in der Mitteilung. 150 Millisekunden klingt erst einmal sehr kurz, ein Wimpernschlag dauert etwa 100 Millisekunden. Trotzdem verrät auch das schon viel: Nach einer Auswertung des Max-Planck-Instituts reicht genau diese Zeit bei einer Begegnung schon aus für den berühmten „ersten Eindruck“ eines Gegenübers. Zudem ist die eigentliche Aufzeichnung länger, selbst wenn die Bilder schnell gelöscht werden.

          Ob Real die Gesichtserkennung in weiteren der 285 Filialen einsetzen will, ist noch unbekannt. Die eingesetzte Software namens „Adpack“ sei jedenfalls datenschutzrechtlich geprüft, auf Videoüberwachung werde zudem hingewiesen. Mit der gleichen Software testet die Deutsche Post in einigen Filialen in München eine Gesichtserkennung, ebenfalls, um passendere Werbung an den Schaltern auszuspielen.

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