Online-Handel : Amazon lüftet deutsches Umsatzgeheimnis
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Amazon Logistik-Zentrum in Bad Hersfeld Bild: dpa
Amazon hat zum ersten Mal konkrete Zahlen über das Geschäft in Deutschland vorgelegt. Der Online-Händler setzt mit 6,5 Milliarden Euro hierzulande erheblich mehr Geld um, als Fachleute bisher schätzten.
Für den amerikanischen Online-Händler Amazon.com Inc. ist Deutschland der umsatzstärkste Auslandsmarkt. Und das Unternehmen setzt hier erheblich mehr Geld um als von Fachleuten bisher hochgerechnet worden war.
Das geht aus einem bei der amerikanischen Börsenaufsicht SEC eingereichten Jahresbericht hervor, in dem der Konzern zum ersten Mal konkrete Zahlen auch für den deutschen Markt ausweist: Demnach hat das Unternehmen hierzulande im Jahr 2012 einen Umsatz von 8,7 Milliarden Dollar gemacht (umgerechnet sind das 6,5 Milliarden Euro). Das war 21 Prozent mehr als im Jahr 2011 (mit 7,2 Milliarden Dollar) und sogar 65 Prozent mehr als 2010 (5,3 Milliarden Dollar).
Bislang musste die Branche den Amazon-Umsatz schätzen
Deutschland stand damit im vergangenen Jahr für 14 Prozent des Gesamtumsatzes von Amazon, der bei 61,1 Milliarden Dollar lag. Die bisherigen Schätzungen von Branchenkennern beruhten auf einer Aussage des Deutschlandchefs Ralf Kleber aus dem Jahr 2008, nach der die deutsche Seite „mehr als“ 10 Prozent des Amazon-Konzernumsatzes erwirtschaftet und waren demnach zu konservativ. Im Konzern wuchs der Umsatz sogar um 27 Prozent und damit sogar noch etwas stärker als in Deutschland. Zweitwichtigster Auslandsmarkt hinter Deutschland war Japan mit einem Umsatz von 7,8 Milliarden Dollar, gefolgt von Großbritannien mit 6,5 Milliarden Dollar.
Amazon kontrolliert fast ein Viertel des deutschen Online-Versandhandels
Der nordamerikanische Heimatmarkt brachte Amazon einen Umsatz von 34,8 Milliarden Dollar ein. Die Zahlen unterstreichen, zu welcher Größe das im Jahr 1994 gegründete amerikanische Unternehmen im deutschen Online-Handel mittlerweile aufgestiegen ist. Zum Vergleich: Der Bundesverband des Deutschen Versandhandels hat den Gesamtumsatz des deutschen Online-Handels im vergangenen Jahr auf 27,5 Milliarden Euro beziffert. Zahlen des Einzelhandelsverbands sprechen von einem Umsatz von 29,5 Milliarden Euro. Demnach kontrolliert Amazon ein gutes Fünftel oder sogar fast ein Viertel des gesamten deutschen Online-Versandhandels.
Um seine immer zahlreicheren deutschen Kunden zu bedienen, hat Amazon in den vergangenen Jahren sein Netz an Distributionszentren erheblich aufgestockt: Zuletzt eröffnete Amazon im September 2012 zwei neue Standorte in Koblenz und Pforzheim, in denen nach Angaben des Unternehmens innerhalb der nächsten drei Jahre jeweils 1000 langfristige Arbeitsplätze sowie bis zu 2000 saisonale Stellen entstehen sollen. Insgesamt betreut Amazon derzeit in Deutschland acht Distributionszentren, auf der ganzen Welt sind es 89. Weitere Ausbaupläne wurden schon angekündigt Über die genaue Zahl der Mitarbeiter in Deutschland wollte eine Sprecherin auf Anfrage keine Angaben machen, auf der Welt sind es 88.400.
Der Bücheranteil am Amazon-Umsatz liegt in Deutschland nach Schätzungen des Branchenmagazins „Buchreport“ bei 1,6 bis 1,8 Milliarden Euro oder 18 bis 20 Prozent des gesamten deutschen Buchmarktes, der im Jahr 2011 einen Umsatz von 9,6 Milliarden Euro erreicht hat. Damit läge Amazon allein mit dem Bücher-Geschäft gleichauf mit der Allianz aus Weltbild und Hugendubel von 1,56 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2011/12.
Amazon ist seit Jahren dafür bekannt, aggressiv zu investieren und dafür niedrige Gewinne in Kauf zu nehmen. Neben dem Ausbau seines Vertriebsnetzes steckt Amazon zum Beispiel viel Geld in den Ausbau seines Hardwaregeschäfts mit der Kindle-Familie von Tabletcomputern und digitalen Lesegeräten. Für das Gesamtjahr 2012 hat Amazon einen Nettoverlust von 39 Millionen Dollar ausgewiesen.