Medienwandel : Auf dem iPad wird für die Zeitschrift wieder gezahlt
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Bild: F.A.Z.
Viele iPad-Besitzer lesen auf ihrem Gerät Zeitschriften - und zahlen meist dafür. Das lässt Verleger hoffen, im Medienwandel zu bestehen.
Deutschlands Verlage dürfte das freuen: Viele iPad-Besitzer lesen nicht nur digitale Zeitschriften, sondern geben dafür laut einer neuen Studie auch mehrheitlich Geld aus. Das lässt die Verleger hoffen, die oftmals von den Möglichkeiten des digitalen Geschäfts noch hin- und hergerissen sind. Sie sehen, wie stark der Markt immer weiterwächst, und klagen gleichzeitig darüber, dass die wenigsten Leser im Internet für journalistische Inhalte zahlen wollen - schließlich gibt es dies meist auch umsonst. Mehr Profit versprechen sie sich von Tabletcomputern wie Apples iPad, mit denen der Leser für digitale Zeitungen und Zeitschriften zahlen soll.
Dass das funktionieren kann und sich die Bezahlkultur im Online-Geschäft ändern könnte, geht aus einer Studie des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger VDZ hervor, dessen Ergebnisse der F.A.Z. vorab vorliegen. 3353 iPad-Besitzer haben im August darüber Auskunft gegeben, wie sie das Gerät nutzen. Zwei Drittel von ihnen lesen digitale Zeitschriften auf dem iPad, dem meistverkauften Tabletcomputer. Darunter haben ein Drittel für das zuletzt genutzte Magazin nichts bezahlt, während mehr als 60 Prozent dafür Geld ausgegeben haben. 33 Prozent bezahlten eine Einzelausgabe und 29,4 Prozent ein Abonnement. „Das ist die gute Nachricht für Verlage“, sagt Olaf Conrad, Geschäftsführer von Gruner + Jahrs Vertriebstochter DPV, der den VDZ-Arbeitskreis E-Publishing leitet. „Die Zahlungsbereitschaft der Nutzer für hochwertige und spannende journalistische Inhalte ist da.“
Nur ein Drittel lesen digitale Magazine unterwegs
Vier von zehn iPad-Besitzern haben damit in der Umfrage für ihr zuletzt geladenes digitales Magazin Geld ausgegeben. Die Zahlungsbereitschaft ist auch da, weil die meisten der iPad-Besitzer, die noch als „Early Adopter“ gelten, zahlungskräftig sind. Der durchschnittliche Befragte der Studie ist männlich, 42 Jahre alt, arbeitet Vollzeit, hat einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss und ein überdurchschnittliches Einkommen. Wer sich ein iPad anschafft, macht dies eben auch, um darauf Zeitschriften zu lesen. Ein Drittel der Magazinnutzer lesen digital täglich oder fast täglich, 37,6 Prozent mehrmals pro Woche und 11,5 Prozent einmal in der Woche. Mehr als jeder Zweite von ihnen hatte eine digitale Zeitschrift zuletzt am Tag der Befragung oder am Vortrag gelesen.
Greift nun derjenige, der auf seinem iPad Zeitschriften liest, kaum mehr zu Gedrucktem? Das bestätigt die Studie nur zum Teil, die nach Angaben des VDZ die bislang umfänglichste auf dem deutschen Markt ist. 47,7 Prozent lesen demnach weniger, 41 Prozent jedoch ungefähr weiterhin genauso viele und 7,7 Prozent gar mehr gedruckte Zeitschriften. Der Wandel könnte stärker sein. Jeder Zweite nennt als Vorteil des Tabletcomputers, dass er „immer und überall ins Internet“ gehen kann. Dennoch lesen nur ein Drittel digitale Magazine unterwegs, während mehr als 60 Prozent dies in der Regel zu Hause tun. Die Befragten sammeln Zeitschriften-Apps nicht in Massen, sondern wählen gezielt aus. 76,4 Prozent haben bis zu fünf Anwendungen geladen, 14,8 Prozent bis zu zehn.
Digitale Kioske, an dem unterschiedliche Zeitschriften gekauft werden können wie mit Axel Springers „iKiosk“, haben sich für das iPad bislang kaum durchgesetzt. 56,7 Prozent laden sich eine Magazinausgabe direkt über die einzelne Zeitschriften-App herunter, während 31,6 Prozent beide Möglichkeiten nutzen.
Viele wünschen sich mehr Interaktivität
Dass der Transfer der Kernqualitäten von Zeitschriften in die digitale Welt funktioniert, erkennt Alexander von Reibnitz, Geschäftsführer für Anzeigen und Digitale Medien im VDZ: „Unsere Studie zeigt deutlich, dass die traditionellen Stärken der Zeitschriften - also Newswert, interessante Inhalte, gutes Layout und faszinierende Bilder - auch auf dem iPad überzeugen.“ Die genutzten Zeitschriften bewerten die Leser in der Umfrage überwiegend positiv. Fast alle finden etwa „interessante Inhalte“, und fast allen macht das digitale Lesen Spaß. Drei von vier wollen weitere Ausgaben des Magazins kaufen. Mehr als zwei Drittel verbringen mit dem Lesen digitaler Zeitschriften mehr als eine Stunde in der Woche und 35,2 Prozent mehr als zwei Stunden.
Doch noch sind die Nutzer nicht gänzlich damit zufrieden, wie Zeitschriften digital umgewandelt werden. Viele wünschen sich mehr Interaktivität wie Infografiken (53,9 Prozent), mehr Links zu weiterführenden Informationen im Internet (47,6 Prozent), mehr Videos (27,6 Prozent) und mehr Bilder (21,4 Prozent).
Offen nach konkreten Verbesserungsvorschlägen gefragt, wollten 28,8 Prozent eine bessere, einheitliche oder zumindest vereinfachte Navigation. 15,9 Prozent bemängeln, dass einige digitale Zeitschriften nur eine PDF-Kopie des Printproduktes sind. Der dritthäufigste Vorschlag betrifft mit 13,6 Prozent die Kosten: Diese sollen fallen - unter den Preis des Print-Pendants. Trotz der möglichen Zahlungsbereitschaft auf dem iPad spielt Geld für die Leser weiter eine Rolle. Das sollten Verlage bei aller Freude nicht vergessen - ebenso wie die Tatsache, dass das iPad nicht mehr allein ist und Zeitungen und Zeitschriften deshalb den Weg auch auf andere Tabletcomputer finden sollten.