F.A.Z. Exklusiv : Google weiß, wo die Deutschen surfen
- -Aktualisiert am
Was steckt im Internet? Oft ist das Google. Bild: AFP
Google ist über mehr als die Hälfte der Internet-Bewegungen der Deutschen informiert – auch wenn die gar keine Google-Produkte nutzen.
Google ist über mehr als die Hälfte der Internet-Bewegungen der Deutschen informiert – selbst wenn die Betreffenden überhaupt nicht mit Google gesucht haben und auch sonst keine Google-Produkte nutzen. Eine neue, bislang unveröffentlichte Studie des Browser-Herstellers Cliqz zeigt, dass das Wissen anderer Internet-Konzerne längst nicht so ausgeprägt ist. Die Studie ist von der renommierten „WWW“-Fachkonferenz zur Präsentation angenommen worden und soll dort im April vorgestellt werden.
Die Entwickler haben 200.000 deutsche Nutzer des Internet-Browsers Firefox darauf untersucht, ob Daten über ihr Surfverhalten mittels so genannten „Trackern“ nach außen geleitet werden. Websitebetreiber setzen solche Tracking-Techniken zum Beispiel ein, um anonyme Nutzungsstatistiken aufstellen zu können und ihre Seiten so zu verbessern. Das können Cookies sein, das kann mittels unsichtbar nachgeladener Grafiken geschehen oder auf andere Weise. Der Browser-Hersteller bietet eine Erweiterung an, die Tracker blockieren soll, und hat den blockierten Datenverkehr ausgewertet.
Auch FAZ.NET nutzt Tracker. Beispielsweise ist der Google-Dienst „Analytics“ im Einsatz, um Informationen über die Nutzung der Website zu liefern. Inserenten setzen Tracker ein, um festzustellen, auf welchen Seiten ein Nutzer zuvor war, und ihm möglichst passende Anzeigen zu zeigen. Die Studie stellt fest: Insgesamt sind auf 95 Prozent aller besuchten Seiten Tracker eingebunden. Nutzer, die Webseiten auf dem Handy betrachten, dürften tendenziell ausführlicher getrackt werden als Nutzer von stationären Computern.
Google liefert Statistiken und Werbung
Die Studie stellt jetzt fest: Bei mehr als sechs von zehn Webseiten-Aufrufen in Deutschland wird Google über den Aufruf informiert. Denn Google stellt Seitenbetreibern nicht nur den Statistikdienst Analytics zur Verfügung, sondern vermittelt auch Werbung für Webseiten. Auf diese Weise sind Google-Produkte auf vielen Webseiten eingebunden, und der Konzern erfährt einiges über den Internet-Verkehr.
Bei mehr als vier von zehn Webseiten-Aufrufen bekommt Google genug Informationen, um einen Nutzer theoretisch über mehrere Webseiten durchs Internet zu verfolgen. Das muss nicht in jedem Fall dafür reichen, den Nutzer namentlich zu erkennen, und es ist nicht gesagt, dass die Informationen auch zur Verfolgung genutzt werden. Sie liegen allerdings erst einmal vor.
Facebook ist dagegen nur über rund zwei von zehn Website-Aufrufe informiert, andere Firmen noch seltener. Obwohl Amazon nicht nur Bücher und Schuhe verkauft, sondern auch vielen Unternehmen Rechenleistung für ihre Webseiten zur Verfügung stellt, sieht das Unternehmen nicht einmal jeden zehnten Seitenaufruf. „Man kann auch ohne viel Tracking einer der erfolgreichsten Online-Händler werden“, sagt Cliqz-Chef Jean-Paul Schmetz.
Kurz hinter Amazon folgt Criteo, ein Unternehmen, das im „Retargeting“ Nutzer an Produkte erinnert, die sie schon mal angesehen haben. Twitter und andere Unternehmen bekommen noch weniger vom Internet-Verkehr mit.
Adblocker helfen nicht
Ein Google-Sprecher wollte zu der konkreten Studie nicht Stellung nehmen. Er betonte, dass der Konzern die Daten seiner Nutzungsstatistiken nicht für Werbezwecke verwende. Zudem böten die meisten Browser viele Möglichkeiten, das Tracken zu erschweren oder zu verhindern – zum Beispiel, indem der Nutzer Erweiterungen installiert, Cookies löscht oder die Internet-Programmiersprache Javascript deaktiviert.
Cliqz-Chef Jean-Paul Schmetz sagt, auch Adblocker und ähnliche Softwares könnten das Tracken nicht verhindern. Viele der untersuchten Nutzer hätten solche Software bereits installiert und würden trotzdem durchs Netz verfolgt. Denn: Wer die Tracker zu sehr einschränke, mache die Webseiten unbenutzbar. Die neue Studie stellt jetzt eine Technik vor, mit der die Entwickler experimentieren, um Tracker mit weniger Nebenwirkungen zu blockieren.
Lesen Sie auch: Soll Apple das iPhone des Schützen von San Bernardino hacken?
Bill Gates sagt: Ja. Constanze Kurz vom Chaos Computer Club findet: Das hätte fatale Folgen. Patrick Bernau meint: Die Sicherheitsbehörden sind mit schuld an Apples Weigerung. Corinna Budras sagt dagegen: Apple spielt ein falsches Spiel.