Umstrittener Digitalkommissar : Oettingers ehrenwerte Ziele
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Günther Oettinger vor der CDU-Zentrale in Berlin Bild: dpa
Digitalkommissar Günther Oettinger zieht im Netz gerne Kritik auf sich, besonders für den Vorschlag zum Leistungsschutzrecht. Dabei wird sein guter Wille gerne übersehen.
Wie sollte ein Politiker kommunizieren? Schwurbelt man herum, ist es nicht recht. Lässt man seiner Meinung freien Lauf, passt es oft auch nicht. Nun könnte man argumentieren, dass Menschen, die inhaltlich überzeugen, die eine oder andere Stilfrage nicht nachgetragen wird. Doch ist auch das leichter gesagt als getan. Denn über bestimmte Dinge könnte man gewiss auch inhaltlich besser streiten, wenn nicht gleich eine große Portion Häme über den Absender der jeweiligen Botschaft ausgeschüttet würde.

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Günther Oettinger, der frühere Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg und heutige Digitalkommissar der Europäischen Union, kann davon ein schwäbisches Lied singen. Und seine Kritiker auch.
Oettinger und die Fettnäpfchen
Denn nichts ist dankbarer als ein Termin mit Oettinger. Der Mann redet schließlich beruflich über digitale Themen, für die sich stets besonders viele Menschen interessieren. Und er vertritt Meinungen, die mit der großen Gemeinde derjenigen, die sich mit Medienfragen im Netz befassen, nicht unbedingt kompatibel sind.
Manchmal führt sein Enthusiasmus zu harmlosen Versprechern, über die man trefflich witzeln kann, wie zum Beispiel die beliebte Verwechslung von Bits und Bytes. Das ist auch in dieser Zeitung schon geschehen – und hat dazu geführt, dass nun richtigerweise von der „Gigabit“- und nicht mehr von der „Gigabyte-Gesellschaft“ die Rede ist. Doch das ist eine Petitesse. Ganz besonders im Vergleich zu dem für Medienschaffende hochinteressanten Thema Leistungsschutzrecht. Denn hier läuft Oettinger mit der Freude eines großen Jungen in alle Fallen, die ihm aufgestellt werden, und zwar so, dass man ihn dafür beinahe gernhaben müsste.
Oettingers Leistungsschutzrecht ist umstritten
Sein Entwurf zum europäischen Leistungsschutzrecht sieht vereinfacht formuliert Folgendes vor: Anbieter digitaler Plattformen – wie zum Beispiel die amerikanischen Internetkonzerne Google und Facebook – sollen Verlagen Geld bezahlen, wenn sie auf deren Inhalte verlinken und dabei kleine Textausschnitte zeigen.
Das ist deshalb umstritten, weil viele Kritiker mit Verweis auf vorangegangene Versuche in Deutschland oder auch in Spanien argumentieren, dass sich die Verlage damit selbst schaden. Denn sie könnten auf die Verweise von Google & Co. ohnehin nicht verzichten, um weiter ausreichende Besucherzahlen auf ihren Websites zu messen. Möglich wäre es aber auch, Oettinger das Bemühen zugutezuhalten, wenigstens ein Signal setzen zu wollen. Aber so läuft es eben nicht.
Kontroversen um den Kommissar
Nun könnte man sagen: „Heul doch, so ist das Leben, du hättest ja nicht ausgerechnet Digitalkommissar werden müssen, mit deinen inzwischen 63 Jahren.“ Man darf aber auch die Frage stellen, was daran verwerflich ist, wenn Oettinger sagt, er müsse sich auf die Stimmen von Fachleuten in Verbänden und Gewerkschaften verlassen können. Und er wolle vor allem nicht zur Stimme zum Beispiel des amerikanischen Internetkonzerns Google werden.
Dessen Kommunikatoren sorgen natürlich allzu gern für die weite Verbreitung sämtlicher Oettinger-kritischen Kurznachrichten im Mitteilungsdienst Twitter. Andere wiederum werfen ihm vor, er werde von einem deutschen Großverlag mit Sitz in Berlin gesteuert. Man lernt schnell: Es geht erstaunlich hoch her. Und auch gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Sender mischen in der Debatte gerne mit, die von dem Streit im engeren Sinne eigentlich gar nicht betroffen sind. Sendeanstalten also, die sich um ihre Einnahmen aus Zwangsgebühren sowieso keine Sorgen machen müssen.