
Kommentar : Warum der Börsengang von Facebook kein Fiasko ist
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Facebooks Börsengang ist nicht so schlecht, wie er gemacht wird. Bild: AFP
Der Facebook-Kurs sinkt deutlich. Das heißt noch lange nicht, dass die Firma schlechte Perspektiven hat.
Der Kurs von Facebook sinkt am zweiten Börsentag - und die schadenfrohen Deutschen freuen sich. Zur „Katastrophe“ rufen sie den Börsengang aus - und so mancher denkt sich insgeheim: Hab ich’s doch immer gesagt, diese Firma ist vollkommen unsolide, das muss eine Blase sein.
Der Triumph kommt zu früh. Klar, der Kurssturz war heftig, insgesamt ging es gegenüber dem ersten Börsenkurs um fast 20 Prozent nach unten. Und nein, es ist auch noch nicht gesagt, dass damit Schluss ist. Doch furchtbar schlecht ist der Kurs noch lange nicht: 34 Dollar pro Aktie - vor ein paar Tagen war das noch am oberen Ende der Preisspanne für die neuen Aktien, selbst nach der Erhöhung der Preise galten 34 Dollar immer noch als möglich. Ausgefallen ist nur eines: Das kurzfristige Kursfeuerwerk für Neuaktionäre.
Natürlich hoffen Spekulanten immer darauf, dass der Aktienkurs in den Stunden nach der Erstnotiz weit nach oben klettert und ihnen riesige Gewinne beschert. Doch auf der anderen Seite haben die alten Aktionäre von Facebook und auch die Firma selbst ein Interesse daran, ihre Aktien möglichst teuer zu kaufen. Jeder Dollar Kursanstieg nach dem Börsengang ist ein Dollar, der den Altaktionären und dem Unternehmen fehlt. Der Kurs steigt nicht? Dann haben die Banken für Facebook das herausgeholt, was kurzfristig zu erreichen war - sie haben ihren Job gemacht.
Wenn Facebook das nächste Mal Geld von der Börse will, werden sich die Aktien schwerer verkaufen - ja. Aber erst mal ist das Unternehmen an der Börse immer noch 73 Milliarden Euro wert. Daraus lässt sich noch nicht ablesen, dass alle jungen Internetfirmen eine Blase wären. Ob Facebooks Bewertung gerechtfertigt ist, zeigen nicht die Kursturbulenzen der ersten Tage. Sondern die Firmengewinne der nächsten Jahre.
Auch andere Internet-Giganten stolperten an die Börse
Wirft man einen Blick auf die Börsengänge großer Internet-Firmen, so gab es eigentlich immer Anlass zum Mäkeln. „Besser beobachten und abwarten“, sagte Analyst Stave Harmon 1996 beim Börsengang von Yahoo! Der Aktienkurs werde erst einmal steigen und dann rasch fallen, hieß es. Fünf Jahre später war die Aktie sechsmal so viel wert, heute trotz aller Probleme sind es mehr als das Zehnfache.
Dabei mussten Anleger auf die ersten Gewinne drei Jahre warten. Facebook macht heute schon Gewinne. Bei der unbestrittenen Internet-Kaufhausgröße Amazon stellten sich die ersten Profite sogar erst sechs Jahre nach Börsengang ein.
Und auch Google holperte 2004 mehr an die Börse als es ging. Zunächst sollten die Aktien 108 bis 135 Dollar kosten, dann 85 bis 95 Dollar, schließlich wurden sie für 85 Dollar verkauft. Der erste Handelstag begann bei 100 Dollar und endete im Grunde dort auch. Ach ja: technische Probleme gab es am ersten Handelstag auch - wenn auch nicht im selben Umfang wie bei Facebook.
Das Spiel hat erst begonnen
Letztlich hat Facebook lediglich seinen Börsengang und nicht sein Geschäft vermasselt. Und Zweifel am Geschäftsmodell gab es auch 2004 bei Google. Der weitere Erfolg stehe in den Sternen, Konkurrenten arbeiteten an ähnlichen Suchalgorithmen und Vermarktungsmodellen. Seitdem hat sich der Gewinn annähernd verfünfzehnfacht. Jetzt erst erhält das Unternehmen echte Konkurrenz für seine semantischen, suchmaschinenbasierten Anzeigen - von den sozialen Anzeigen, die über die Facebook-Server laufen, wodurch etwa Nutzer von Amazon.com Empfehlungen aus dem Konsum ihrer Facebook-Freunde erhalten.
Die Emissionsbanken haben bei der Facebook-Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von117 womöglich überrissen, die Erhöhung der Emissionsspanne war aus Anlegersicht eher ein Fehler. Die Google-Aktie war nach Senkung der Spanne seinerzeit halb so teuer. Dieser Punkt geht schon mal an die Suchmaschine. Doch das Spiel hat gerade erst begonnen.