Startup Palantir : Der mysteriöse Datensammler
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Investiert in die Zukunft: Internetmilliardär Peter Thiel an der Hamburger Alster Bild: Lucas Wahl
Schon mal gehört? Ein Unternehmen namens Palantir soll 20 Milliarden Dollar wert sein. Doch nicht der hohe Wert macht das Unternehmen so interessant, sondern vor allem seine Geldgeber: Ein berühmter Deutsch-Amerikaner - und die CIA.
Im Silicon Valley herrscht in diesen Tagen Goldgräberstimmung. Investoren reißen sich darum, vielversprechenden Start-up-Unternehmen Geld zu geben, und treiben damit deren Bewertungen in die Höhe. Immer mehr Unternehmen steigen in den Club der sogenannten Einhörner („Unicorns“) auf, die mit Milliardenbeträgen bewertet sind und die längst nicht mehr den Seltenheitswert haben, den ihr Name suggeriert. Zu den prominentesten und teuersten dieser Start-ups gehören Smartphone-Anwendungen („Apps“), soziale Netzwerke und Vertreter der „Sharing Economy“, die diverse Dienste vermitteln. In solche Kategorien fallen zum Beispiel Uber, Airbnb, Snapchat oder Pinterest.
In dieser ersten Liga von Start-ups befindet sich aber mittlerweile auch ein Unternehmen aus einem ganz anderen Gebiet. Palantir Technologies ist ein Spezialist für „Big Data“, beschäftigt sich also mit der Auswertung riesiger Datenmengen. Was das Unternehmen interessant macht, ist die oft geheimnisumwitterte Natur seiner Arbeit, ebenso wie der Umstand, dass es einst vom amerikanischen Geheimdienst CIA finanziert wurde und bis heute im Dienste der nationalen Sicherheit von vielen Regierungsbehörden angeheuert wird. Hinter Palantir stehen außerdem einige schillernde Persönlichkeiten, die Verbindungen nach Deutschland haben.
Einer der Mitgründer und bis heute größter Aktionär von Palantir ist der in der Nähe von Frankfurt geborene Peter Thiel, der einst auch zu den Gründern des Bezahldienstes Paypal gehörte und der erster außenstehender Investor beim sozialen Netzwerk Facebook war. Der Palantir-Vorstandsvorsitzende Alex Karp hat in Frankfurt bei Jürgen Habermas studiert und hält einen Doktortitel in Philosophie. Amerikanischen Medienberichten zufolge ist Palantir dabei, weiteres Geld von Investoren einzusammeln, und peilt eine Bewertung von 20 Milliarden Dollar an. Damit würde das Unternehmen in eine Dimension vorstoßen, die von amerikanischen Start-ups nur der Fahrdienst Uber und der Zimmervermittler Airbnb erreichen. Diese beiden Unternehmen sollen sich derzeit ebenfalls in Finanzierungsrunden befinden, Uber strebt dabei angeblich eine Bewertung von 50 Milliarden Dollar an, bei Airbnb sollen es 24 Milliarden Dollar sein.
Palantir ist kein ganz junges Start-up mehr, das Unternehmen wurde schon 2004 gegründet. In der Entstehung von Palantir spielen die Terroranschläge vom 11. September 2001 eine Rolle und auch Thiels vorheriges Unternehmen Paypal, das 2002 vom Online-Händler Ebay gekauft wurde. Der Bezahldienst hatte viel mit betrügerischen Transaktionen zu kämpfen und sah sich zur Entwicklung von Instrumenten gezwungen, um dies einzudämmen. Thiel fragte sich, ob ähnliche Mechanismen wie bei Paypal auch dabei helfen könnten, Bedrohungen für die nationale Sicherheit rechtzeitig zu erkennen und etwaige Terroranschläge zu verhindern. Aus dieser Idee entstand Palantir. Der Name kommt von den magischen Steinen aus J.R.R. Tolkiens „Der Herr der Ringe“, die es möglich machen, Dinge an ganz anderen Orten der Welt zu sehen. Thiel finanzierte das Unternehmen anfangs zum großen Teil selbst, weil es Schwierigkeiten hatte, Geldgeber zu finden. Daneben tat sich noch ein unkonventioneller Investor auf: Der CIA beteiligte sich über seine hauseigene Wagniskapitalgesellschaft In-Q-Tel an Palantir.
Ein Unternehmen mit Moral?
In den ersten Jahren arbeitete Palantir vor allem für die Regierung. Über Details solcher Aufträge hat sich das Unternehmen dabei seit jeher weitgehend in Schweigen gehüllt, und auch über die von ihm eingesetzte Technologie ist nicht allzu viel bekannt. Es gab Berichte, dass Palantirs Produkte dabei geholfen haben sollen, Usama Bin Ladin aufzuspüren, und auch beim Entlarven des Finanzbetrugs von Bernie Madoff soll das Unternehmen eine Rolle gespielt haben. Auf seiner Internetseite nennt Palantir das Aufdecken von Menschenhändler- und Kinderpornographieringen als weitere Einsatzgebiete.
Die Arbeit ist so sensibel, dass Vorstandschef Karp angeblich rund um die Uhr von Sicherheitspersonal umgeben ist. Zu den Beratern des Unternehmens gehören die frühere amerikanische Außenministerin Condoleeza Rice und der ehemalige CIA-Chef George Tenet.Zuletzt hat sich der Schwerpunkt von Palantir mehr und mehr auf Privatkunden verlagert. So arbeitet das Unternehmen für eine Reihe von Banken und hilft ihnen dabei, Betrüger zu erkennen oder Hackerangriffe abzuwehren. Der Pharmaindustrie stellt das Unternehmen in Aussicht, mit seinen Angeboten die Forschung nach neuen Medikamenten zu beschleunigen. Privatunternehmen stehen heute Schätzungen zufolge schon für rund 70 Prozent des Umsatzes. Die „New York Times“ bezifferte den Gesamtumsatz von Palantir im vergangenen Jahr auf etwa eine Milliarde Dollar.
Die Natur seiner Arbeit hat Palantir zur Zielscheibe von Kritikern gemacht. Datenschützer werfen dem Unternehmen vor, sich zu einem Werkzeug des nationalen Überwachungsapparats zu machen. Palantir hält dagegen, seine Technologie mit Mechanismen auszustatten, die dafür sorgen, dass die Privatsphäre der Öffentlichkeit bestmöglich gewahrt bleibt. Palantir stellt sich als Unternehmen mit Prinzipien dar und macht zum Beispiel nach eigener Aussage keine Geschäfte mit China und auch nicht mit der Tabakindustrie. Aber es gab auch schon Fehltritte: So kamen im Jahr 2011 E-Mails ans Licht, in denen ein Mitarbeiter von Palantir über einen Plan spricht, zusammen mit anderen Unternehmen der Enthüllungsplattform Wikileaks zu schaden, unter anderem mit Hackingangriffen. Der Vorstandsvorsitzende Karp sah sich zu einer öffentlichen Entschuldigung gezwungen.