Nach Brexit-Votum : Schäuble teilt Skepsis bei London-Sitz nach Börsenfusion
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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Bild: dpa
Nun meldet sich auch der Bundesfinanzminister zu Wort. Entscheidend sei, welche Geschäftsfelder in Frankfurt oder London verblieben, sagt er.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht den geplanten Hauptsitz der Londoner und Frankfurter Börse nach einer Fusion in der britischen Hauptstadt kritisch. Im Falle eines EU-Austritts Großbritanniens müsse sichergestellt sein, dass für die Börse europäische Regulierungsvorschriften angewendet würden, sagte Schäuble am Mittwoch in Berlin. Der Sitz der Holding sei, abgesehen von diesen Regulierungsfragen, aus seiner Sicht aber nicht das Allerwichtigste - sondern, welche Geschäftsfelder in Frankfurt oder London verblieben. Das Finanzministerium werde nun abwarten, wie die Prüfung der Fusionspläne durch die verschiedenen Aufsichtsgremien ausgehe. Der Erfolg der Deutschen Börse sei für Deutschland und den Finanzplatz Frankfurt sehr wichtig, betonte Schäuble.
Das Fusionsvorhaben wird an die neuen Bedingungen nach dem Brexit-Votum angepasst. Wie die Deutsche Börse am Dienstag nach einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung mitteilte, werde die Fusion so gestaltet, dass sie „sämtliche regulatorischen Anforderungen“ erfülle.
Damit dürfte es nicht wie bisher geplant zu einem alleinigen Hauptsitz der fusionierten Gesellschaft in London kommen. Regulatoren wie die Finanzaufsicht Bafin, die Hessische Börsenaufsicht, aber auch Vertreter der EU hatten signalisiert, einem Sitz außerhalb der EU nicht zustimmen zu können. Auch Aktionäre der Deutschen Börse hatten Kritik geübt. Sie müssen bis zum 12. Juli über das Fusionsvorhaben entscheiden.
Zustimmung gilt als sehr wahrscheinlich
Eine Zustimmung galt vielen angesichts der Ungewissheit nach dem Brexit-Votum als schwer vermittelbar. Die neuen Signale, die auch der Vorstandsvorsitzende Carsten Kengeter in Gesprächen mit den Aktionären sendet, dürften die Entscheidung nun erleichtern. Die Zustimmung zu dem Vertrag, nötig sind mehr als 75 Prozent der Aktien, gilt damit als sehr wahrscheinlich. Die Aktionäre der Londoner Börse hatten dem Vertrag am Montag auf einer außerordentlichen Hauptversammlung mit einer Mehrheit von 99,9 Prozent zugestimmt.
Ein Referendumskomitee der beiden Börsen unter Leitung von Joachim Faber, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Börse, wird in den kommenden Monaten im Dialog mit den Behörden und damit auch mit dem Land Hessen an einer akzeptablen Lösung für alle Beteiligten arbeiten. Das könnten zum Beispiel zwei Holdingsitze sein. Ein neutraler dritter Standort wie Amsterdam oder Brüssel wird für wenig wahrscheinlich gehalten.
Bislang hatte die Regierung Cameron den Hauptsitz in London zur Bedingung für die Fusion gemacht. Die Bundesregierung hatte dies als „unternehmerische Entscheidung“ akzeptiert. Nach dem Brexit-Votum hat sich der politische Druck zu Änderungen an dem Fusionsvorhaben in Berlin, Brüssel und Hessen aber deutlich erhöht. Die strenge Überwachung der Finanzmärkte ist seit der Finanzkrise als wichtiges politisches Thema erkannt.