Bertelsmann-Stiftung : Die Integration klappt, die Akzeptanz fehlt
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Eine Einwanderin aus Syrien in einem Hörsaal der Universität Potsdam Bild: dpa
Deutschland schneidet bei der Integration muslimischer Einwanderer auf dem Arbeitsmarkt im europäischen Vergleich am besten ab. Gleichzeitig lehnen viele Menschen Muslime als ihre Nachbarn ab.
Deutschland schneidet bei der Integration muslimischer Einwanderer im Vergleich zu anderen westeuropäischen Staaten gut ab. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Bertelsmann-Stiftung am Donnerstag in Gütersloh vorstellt. Verglichen wird die Situation von Muslimen, die vor 2010 nach Deutschland, in die Schweiz, nach Österreich, Frankreich und Großbritannien kamen. Bewertet werden Sprachkompetenz, Bildung, Arbeit und soziale Kontakte.
Dabei bekommt Deutschland mit Abstand die besten Noten bei der Integration der Einwanderer auf dem Arbeitsmarkt. Bei Arbeitslosenquote und Vollzeitstellen gibt es der Studie zufolge kaum noch Unterschiede zum Bevölkerungsschnitt. 73 Prozent der in Deutschland geborenen Kinder muslimischer Einwanderer wachsen der Studie zufolge zudem mit Deutsch als erster Sprache auf. Auch wird das Niveau der Schulabschlüsse immer besser.
Höhere Abschlussquote in Frankreich
Trotzdem gibt es auch Minuspunkte. So verlassen in Frankreich nur 11 Prozent der Muslime vor dem 17. Lebensjahr ohne Abschluss die Schule. In Deutschland sind es 36 Prozent. Als Grund vermuten die Forscher unterschiedliche Schulsysteme. So lernen Kinder in Frankreich länger gemeinsam, und Einwanderer haben auch durch die Kolonialgeschichte oft gute Französisch-Kenntnisse. Die höhere Abschlussquote schützt Muslime in Frankreich aber nicht vor einer überdurchschnittlich hohen Arbeitslosigkeit und weniger Vollzeitstellen.
„Der internationale Vergleich zeigt, dass nicht Religionszugehörigkeit über die Erfolgschancen von Integration entscheidet, sondern staatliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen“, sagt Stephan Vopel, Experte für gesellschaftlichen Zusammenhalt der Bertelsmann Stiftung.
So sind die rund 4,7 Millionen Muslime in Deutschland – das entspricht einem Bevölkerungsanteil von 5,7 Prozent – der Untersuchung zufolge gut in den Arbeitsmarkt integriert. Rund 60 Prozent von ihnen arbeiten wie im Bundesdurchschnitt Vollzeit, und auch die Arbeitslosenquote gleicht sich immer mehr an. Schwerer haben es in Deutschland nur hochreligiöse Muslime – im Gegensatz zu Großbritannien, wo diese Gruppe bei gleicher Qualifikation in den gleichen Berufsfeldern vertreten ist wie die weniger frommen Glaubensbrüder.
Die Studie mit dem Titel „Muslime in Europa – integriert aber nicht akzeptiert?“ zeigt aber auch, wie groß die Vorbehalte gegenüber Muslimen sind. Knapp jeder fünfte Bürger in Deutschland (19 Prozent) gibt an, keine Muslime als Nachbarn haben zu wollen. In Österreich sind es sogar 28 Prozent. Auffällig ist auch, dass sich in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Großbritannien und Frankreich deutlich mehr Befragte gegen Muslime als Nachbarn aussprechen als gegen Familien mit vielen Kindern, Ausländer/Gastarbeiter, Homosexuelle, Juden, Menschen mit anderer Hautfarbe, Atheisten und Christen.