Müllentsorgung : Das Brötchentüten-Gutachten
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Brötchen haben das Zeug zum Politikum Bild: dpa
In welche Tonne gehört die Brötchentüte? Das Bundeswirtschaftsministerium hat zur Klärung dieser wichtigen Frage ein Gutachten bestellt, das bis zu 20.000 Euro kostet. Helmut Bünder wundert sich.
Die Brötchentüte ist eine grandiose Erfindung. Die Krümel bleiben in der Tüte und die Brötchen sauber. Nach erledigtem Transport ist sogar eine Zweitverwertung als Frühstücksbeutel für das Büro möglich. Aber irgendwann hat auch die stabilste Tüte ausgedient und muss in den Müll. Stellt sich nur die Frage, in welche Tonne sie gehört.
Weil die Tüte aus Papier besteht, würde sich die Papiertonne anbieten. Mit Fettflecken vom Wurstbrötchen für das Bürofrühstück allerdings kommt wohl eher der Restmüll in Frage. Andererseits ist die Tüte eine Verpackung, und folglich sollte sie ihre Existenz vielleicht doch besser in der gelben Tonne beenden. Aber da auf der Tüte kein Logo des Grünen Punktes zu finden ist, weiß der informierte Verbraucher natürlich sofort, dass der Bäcker seiner Wahl die Lizenzgebühren für das duale System geprellt hat. Ergo darf die Tüte eigentlich nicht in die gelbe Tonne, weil ihr unbezahlter Abtransport den drohenden Finanzkollaps des Müllsystems beschleunigen würde.
Ein Honorarprofessor als Gutachter
Das Bundeswirtschaftsministerium hat sich zur Klärung dieser wichtigen Fragen nun hilfesuchend an Professor Michael Uechtritz gewandt und eine verfassungsrechtliche Beurteilung des Brötchentüten-Problems in Auftrag gegeben. Der Gutachter ist Honorarprofessor für Verfassungs- und Verwaltungsrecht an der Universität Stuttgart und zudem Lehrbeauftragter an der Pariser Sorbonne.
Aufgrund „seiner internationalen Reputation“ hofft das Wirtschaftsministerium auf eine allseits akzeptierte Antwort, die jeden Zweifel am richtigen Entsorgungsweg der Brötchentüte ausschließt. Der Chef des Ministeriums, Michael Glos (CSU), hat als gelernter Müllermeister ein großes Herz für das Bäckerhandwerk. Auch in Zukunft soll die ohnehin nicht auf Rosen gebettete Zunft die teure Lizenzgebühr für die gelbe Tonne sparen dürfen.
Keine Lizenzierungspflicht für die gelbe Tonne
Was für die Brötchentüte gilt, müsste natürlich auch für die Einpackfolien für Salami gelten: „Serviceverpackungen des Lebensmittelhandwerks“ will der Wirtschaftsminister generell von der Lizenzierungspflicht für die gelbe Tonne ausnehmen, weil sie ja doch, so seine Vermutung, im Restmüll landeten.
Aber ist eine solche Sonderregelung überhaupt mit dem Grundgesetz und dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar? Schließlich plant der Gesetzgeber gerade eine Verschärfung der Verpackungsverordnung, die alle anderen Tüten, Dosen, Tuben und Flaschen gnadenlos in die Gebührenpflicht zwingen soll. Professor Uechtritz wird die Antwort liefern.
Geld „gut angelegt“
Wie viel diese kosten wird, ist noch nicht klar. Das Wirtschaftsministerium ist zuversichtlich, „dass der festgelegte Höchstbetrag von 20.000 Euro deutlich unterschritten wird“. Ohnehin sei das Geld gut angelegt, wie es in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Bundestagsabgeordneten Ulrike Flach (FDP) heißt. Immerhin zeuge das Gutachten vom Bemühen des Bundeswirtschaftsministers, die „mittelständische Wirtschaft und die Verbraucher nur mit unbedingt erforderlichen Kosten zu belasten“.