Merkel-Kommentar : Deutsche Interessen
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reibt sich während einer Sitzung am Donnerstag in der Großen Halle des Volkes in Peking am Auge. Bild: dpa
Man muss mit Rivalen und Partnern wie China und Amerika das Gespräch suchen. Aber nicht so, wie das Kanzlerin Merkel tut.
Der Ausrutscher auf dem roten Teppich von Bundeskanzlerin Merkel beim Staatsbesuch in China symbolisiert das neue Verhältnis beider Staaten. Hier die übermüdete, ausgelaugte Kanzlerin, dort der hellwache, selbstbewusste Präsident Xi, der ungerührt weitergeht.
Man muss mit Rivalen und Partnern wie China und Amerika das Gespräch suchen, aber man sollte ihnen wach und mit einer klaren Vorstellung begegnen. Hat Berlin eine deutsche Haltung zu den amerikanischen Strafzöllen, die über das Festhalten am Status quo hinausreicht? Ist es im Interesse deutscher Autohersteller, die Verhandlungen die EU-Kommission führen zu lassen? Reicht es aus, in China wiederholt erfolglos auf Reziprozität zu pochen?
Berlins Klage über den Abschied von der multipolaren Welt beeindruckt in Washington und Peking niemanden. Merkels Politikstil, eine Mischung aus Abwarten und Durchwursteln mit manchmal entschlossenen Kehrtwenden, reicht für ihren Machterhalt in Deutschland.
Doch taugt er auch für eine Welt im Umbruch? Es ist Zeit, dass Berlin Deutschlands Interessen definiert, übrigens auch in Europa, weil es eben nicht immer dieselben sind wie in Paris, Rom oder Brüssel.