Trickbetrüger : Hütet euch vor Hütchenspielern!
- -Aktualisiert am
Hütchenspieler in Berlin: Man sollte sich nicht drauf verlassen, dass die Fünfziger echt sind Bild: ddp
Die Trickbetrüger verdienen an der Gier und Gutgläubigkeit ihrer Opfer. Und sie haben ihr falsches Spiel perfekt choreographiert.
Der wohl bekannteste Hütchenspieler Deutschlands war Pausenclown bei RTL. In der Rolle des zwielichtigen, mit Hut und Weste bekleideten Mafioso „Pronto Salvatore“ füllte der aus Italien stammende Künstler Franco Campana Ende der achtziger Jahre die Lücken zwischen den Werbespots, weil die gebuchten Spots in der Anfangszeit des Privatsenders oft noch nicht ausreichten, um die für Werbeunterbrechungen eingeplante Zeit auszufüllen. Das Konzept war denkbar einfach: Salvatore legte eine Kugel unter eine von drei Nusshälften, die er dann blitzschnell auf dem Tisch vor sich hin und her schob. Ein per Telefon zugeschalteter Zuschauer musste die Nusshälfte, unter der die Kugel lag, im Blick behalten und am Ende identifizieren. Wer richtig lag, gewann 50 Mark und konnte den Gewinn entweder behalten oder damit weiter zocken. Das simple Spielchen und die Mafia-Macho-Masche, mit der Salvatore es betrieb, wurden schnell Kult: als erste RTL-Sendung überhaupt erreichte die Show damals eine Einschaltquote von mehr als einer Million Zuschauer.
Pronto Salvatore wurde abgesetzt, als die Werbebuchungen bei RTL zunahmen. Doch die professionelleren Kollegen des Italieners sind heute aktiver denn je: In deutschen Innenstädten, aber auch an den Stränden Südeuropas trifft man auf die Hütchenspieler. Der wichtigste Unterschied zu Pronto Salvatore ist dabei, dass es für die Mitspieler in der Regel unmöglich ist, zu gewinnen. Wo Salvatore leichte Unterhaltung bot, ist das Open-Air-Hütchenspiel eine Form von bandenmäßig organisiertem Trickbetrug.
Man kann nicht gewinnen
Die Banden haben das Spiel perfekt choreographiert, damit die Opfer denken, sie könnten leicht viel Geld gewinnen. „Es gibt immer drei Rollen“, erläutert ein Frankfurter Hauptkommissar, der schon viele Hütchenspieler aus dem Verkehr gezogen hat, „Spieler, Anreißer und Aufpasser.“ Um Opfer anzulocken, halten die Anreißer, meist seriös gekleidete, respektabel wirkende Leute, und der Spieler zum Schein einen echten Spielbetrieb aufrecht: Der Spieler „motiviert“ die Anreißer zum Mitmachen, die setzen Geld und gewinnen.
Ziel des Spiels ist es vorgeblich, zu erraten, unter welchem der drei Hütchen sich die Kugel befindet. Dabei werden die Hütchen am Anfang so langsam bewegt, dass sich ein unbeteiligter Zuschauer leicht einbildet, auch er könne problemlos den Überblick behalten und so schnell seinen Einsatz vervielfachen.
Doch gewinnen kann man beim Hütchenspiel nicht. Wer sich bereit erklärt, mitzuspielen und Geld zu setzen - 50 Euro sind oft der Mindesteinsatz -, wird gnadenlos abgezockt. Meist tauschen die Spieler den Platz der Kugel während des Spiels aus oder schieben sie erst unter ein Hütchen, nachdem das Opfer schon auf ein anderes getippt hat. Eine beliebte Masche ist auch, jemanden zum Schein gewinnen zu lassen und dann anstelle des (echten) Einsatzes den „Gewinn“ in Falschgeld auszuzahlen. Das wird den ausgetricksten Opfern in der Regel viel zu spät klar. „Sie glauben gar nicht, wie viele Leute mir erzählen, dass sie auf der Straße schon mal darauf hereingefallen sind“, sagt Udo Paul, der als Hütchenspieler auf Partys auftritt.
„Die Leute träumen vom großen Geld“
Dabei sollte gerade fleißigen Zeitungslesern die Metapher des Hütchenspiels durchaus geläufig sein: Sie kommt in der Regel dort zum Einsatz, wo jemand um das Geld der Menschen wirbt mit dem Versprechen, sie kriegten es am Ende doppelt und dreifach wieder raus - nur, um es dann verschwinden zu lassen: „Hütchenspiel für notleidende Banken“, „Obamas Immobilienreform: das Hütchenspiel geht weiter“.
Doch wie realistisch die Gewinnaussicht ist, spielt in dem Moment, wo sich jemand zum Mitspielen entscheidet, oft keine Rolle mehr: „In vielen Fällen siegt dann doch die Gier“, sagt Udo Paul. Bei seinen Auftritten kommt nur Spielgeld zum Einsatz, doch viele Teilnehmer wollen ihn auch überreden, sie um Geld spielen zu lassen.