Oprah Winfrey : Die reiche Beichtmutter
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Die 58 Jahre alte Königin der Talkshows: Oprah Winfrey Bild: dpa
Für die unangefochtene Talkshow-Königin Oprah Winfrey ist das Geständnis von Lance Armstrong in jedem Fall lukrativ. Welches Produkt die Frau auch anfasste - für die Hersteller wurde es zu Gold.
Für die unangefochtene Talkshow-Königin Oprah Winfrey mag der Radfahrer Lance Armstrong nur einer von vielen prominenten oder umstrittenen Gästen gewesen sein. So viele haben auf ihrem Sofa schon gebeichtet, geschluchzt und gejubelt: Michael Jackson (frisch operiert), Tom Cruise (frisch verliebt), Liz Taylor (frisch geschieden), Whitney Houston (damals frisch aus der Reha). Jetzt hat auch noch ein gefallener Rad-Titan bei ihr gebeichtet. So what?
Well: Für die Unternehmerin Oprah Winfrey waren Armstrongs Besuch und der dazu gehörige Rummel unschätzbar wichtig. Denn die Einschaltquoten ihrer Show waren zuletzt eher mau. Seit 2011 läuft Winfreys Sendung nicht mehr im Gratisprogramm von ABC, sondern auf ihrem eigenen Kabel-Bezahlkanal Oprah Winfrey Network (OWN). Viele treue Fans können sich das Programm nicht mehr leisten. Jetzt schalten eben nicht mehr 7 Millionen Zuschauer jeden Tag ein, wie früher 25 Jahre lang auf ABC, sondern zuletzt waren es zur besten Sendezeit gerade mal 147 000 Zuschauer zwischen 14 und 54 Jahren, meldet der Branchendienst Nielsen.
Weniger Zuschauer bedeuten für eine Multimedienunternehmerin wie Oprah gleich eine ganze Kaskade von Verlusten: weniger Werbeeinnahmen für ihren Sender, weniger Besucher auf ihrer Seite Oprah.com - zu Spitzenzeiten waren es 80 Millionen im Monat -, weniger Auflage und weniger Anzeigen für ihre Zeitschrift „O - The Oprah Winfrey Magazine“ (zu besten Zeiten 2 Millionen Abonnenten), weniger neue Facebook-Fans und Twitter-Follower (noch sind es 15 Millionen), weniger Zuhörer für ihren Radiokanal XM und so weiter.
Zwar muss man sich um eine Dame mit einem geschätzten Vermögen von 2,7 Milliarden Dollar, um Amerikas erste und jüngste schwarze Millionärin und bis heute einzige schwarze Milliardärin wahrhaftig keine Sorgen machen, wenn die Kasse mal nicht so laut klingelt. Aber es muss die bald 59 Jahre alte gewiefte Unternehmerin doch gehörig gewurmt haben, dass OWN so lange nicht vom Fleck kam und dass sie kurz nach dem Start sogar die Senderchefin feuern musste. Schließlich hatte Oprah selbst schon 1986, mit 32 Jahren, ihre eigene Produktionsfirma Harpo (ihr Vorname, umgedreht) gegründet und so einen guten Teil ihres Vermögens mit den Lizenzgebühren kleiner Sender verdient, die ihre Show ausstrahlen wollten. Peinlich muss es der Moderatorin auch vor ihrem Geschäftspartner Discovery Channel gewesen sein, der 254 Millionen Dollar in das Projekt gepumpt hat.
Die Armstrong-Beichte ist deshalb nicht nur für den Radler, sondern auch für Oprahs Sender ein Quantensprung in die richtige Richtung. Bilder des Interviews waren vorab tagelang auf Titelseiten in aller Welt zu sehen, Fernsehsender brachten Vorabberichte, und die Oprah-Truppe fütterte die ungeduldigen Zuschauer vorzeitig mit kleinen Bröckchen des Gesprächs. Für Werbeblöcke während des Armstrong-Interviews konnten Oprahs Vermarkter Rekordpreise verlangen, und allein die erste Episode des Gesprächs lockte insgesamt 4,3 Millionen Zuschauer an. So mancher unter ihnen könnte sich gedacht haben: Vielleicht abonniere ich die Oprah doch mal wieder.
Dann kaufen sie vielleicht wie früher massenhaft Büstenhalter, Bücher oder Plätzchen, die Oprah empfiehlt. Die Empfehlung eines Werks im Oprah-Book-Club, rechneten Marktforscher aus, bringt dem Autor 1,2 Millionen verkaufte Exemplare. Bernhard Schlink, Autor von „Der Vorleser“, wird es wissen, ihn machte Oprah dem amerikanischen Volk bekannt. Harvard-Business-School-Forscher befanden die Marke Oprah für so stark wie Marlboro oder Coca-Cola.
Welches Produkt die Frau auch anfasste - für die Hersteller wurde es zu Gold. Als Oprah mit Kentucky Fried Chicken eine Rabattaktion ankündigte, verkaufte der Hühnchenbräter mehr als 10 Millionen Coupons im Internet. Als sie Törtchen der Sorte Sprinkles empfahl, stiegen die Verkäufe um 50 Prozent, ähnlich lief es für Spanx, den Hersteller von Bauch-weg-Strumpfhosen.
Aber es geht auch umgekehrt: Als Oprah 1998 aus Angst vor der Rinderseuche BSE verkündete, sie esse vorerst keine Burger mehr, fielen Rinder-Futures an der Börse gleich um 10 Prozent. Besorgte texanische Züchter reichten sogar Klage ein, vergeblich allerdings.