Christoph Moench : Der Atom-Advokat
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Christoph Moench Bild: Gleiss Lutz
Christoph Moench hat dem Bundestag zu mehr Rechten bei der „Euro-Rettung“ verholfen. Jetzt vertritt er den Energieversorger Eon vor dem Bundesverfassungsgericht. Er soll dem Stromkonzern mindestens 8 Milliarden Euro erkämpfen. Ein Porträt.
Wäre Christoph Moench nicht solch ein freundlich-zurückhaltender und damit auch etwas unauffälliger Mensch, würden ihn Gegner der Kernkraft wahrscheinlich längst als „den“ Anwalt der Atomindustrie verteufeln. Denn der 63 Jahre alte Jurist kämpft an vielen Fronten für die Interessen der Nuklearwirtschaft. Keiner der vier großen Energieversorger hierzulande verzichtet auf seinen Rechtsrat. So vertritt er Eon in der aktuellen Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Atomausstieg. Am Ende dieses langwierigen Verfahrens soll allein für diesen Konzern eine Schadensersatzzahlung von mindestens 8 Milliarden Euro herausspringen.
Bei der vorangegangenen Laufzeitverlängerung durch die schwarz- gelbe Regierungskoalition steht er zudem den Stromerzeugern gegen die Angriffe des Bundesrates in Karlsruhe bei, der sich übergangen sieht. Vorher sprang Moench schon Eon zur Seite, als Bundeskanzlerin Angela Merkel im Gegenzug mit der Branche höchstselbst einen Ökofonds aushandelte. Und für eine gemeinsame Tochterfirma der vier Stromriesen kümmert sich Moench um die Rechtsprobleme bei der schier endlosen Suche nach einem Standort für ein Endlager, in dem dereinst ausgebrannte Brennstäbe für alle Ewigkeit verbuddelt werden sollen.
Auf einer Wellenlänge
Dabei erscheint der Partner der Anwaltskanzlei Gleiss Lutz nicht wie viele andere Wirtschaftsanwälte als aalglatter Paragraphenfuchser, für den das Gehalt an erster Stelle steht. Man muss dem sechsfachen Familienvater (das jüngste Kind ist fünf Jahre alt, die ältesten studieren Jura, Volkswirtschaftslehre und Physik) abnehmen, dass er sich auch als Staatsbürger um die Sicherheit der Stromversorgung sorgt. Tief steigt er dabei in technische Details ein, wenn er etwa über die Schwierigkeiten deutscher Ingenieure bei der Entwicklung der gigantischen Windparks weit vor der Küste spricht.
Und die Lesbarkeit seiner Schriftsätze profitiert davon, dass Moench auf den Feuilletonseiten der Zeitung ebenso zu Hause ist wie in der Technikbeilage. Man darf annehmen, dass er mit seinen bildungsbürgerlichen Einsprengseln auch auf der Wellenlänge mancher Robenträger am höchsten Gericht liegt. Das in den Anwaltsfabriken eher ungewöhnliche Naturell entspricht Moenchs Spezialisierung: Er ist kein Experte für Aktien- oder Steuerrecht, sondern Fachanwalt für Verwaltungsrecht. An der Frankfurter Universität lehrt der Honorarprofessor „Besonderes Verwaltungsrecht, insbesondere Bau-, Planungs- und Umweltrecht, Wirtschaftsverwaltungsrecht, EG-Recht“.
Sein größter Sieg
Diese offizielle Beschreibung seiner Zuständigkeiten durch die Hochschule spiegelt sich in den Mandaten des Querdenkers wider: Für das Gastronomiegewerbe hat er am Bundesverfassungsgericht das Rauchverbot in den Ein-Raum-Kneipen von Berlin und Brandenburg zu Fall gebracht; für die Hotelbranche kämpft er vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen kommunale Bettensteuern. Für den Senat von Berlin, wo er seit acht Jahren lebt, hat er die Privatisierung der Wasserversorgung verteidigt.
Einen vielbeachteten Sieg errang der großgewachsene Anwalt vor einem halben Jahr am höchsten deutschen Gericht: Für den Bundestag erkämpfte der gebürtige Freiburger auf Antrag von zwei SPD-Abgeordneten größere Rechte gegenüber jenem „Geheimgremium“, das in Eilverfahren Milliarden in die Stützung des Euro pumpen soll. Dieser Rechtsstreit dürfte dem politisch denkenden Juristen, dem wie jedem Öffentlich-Rechtler die Grundrechte von Bürgern und Unternehmen ebenso am Herzen liegen wie das Wohl des Gemeinwesens, besonderes Vergnügen bereitet haben. Dass er ausgerechnet in der Bundeshauptstadt in die Oper und ins Konzert pilgert, wenn er die Akten zugeklappt hat und nicht auf Dienstreisen steckt, passt also ins Bild - beruflich wie privat.