Carsten Maschmeyer : „Ohne Freunde wäre mein Leben ärmlich“
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„Fragen Sie sich nicht, was Sie wissen, sondern wen Sie kennen!“: Das ist das Lebensprinzip von Carsten Maschmeyer Bild: Gyarmaty, Jens
Carsten Maschmeyer ist einer der schillerndsten Männer der Republik. Im Interview spricht er über seinen Aufstieg von ganz unten, die Bedeutung von Beziehungen und darüber, warum Leistung allein sich nicht auszahlt.
Herr Maschmeyer, wie wichtig waren in Ihrem Leben Beziehungen?
Beruflich sehr wichtig. Privat wäre mein Leben ohne Beziehungen ärmlich.
Sie schreiben in Ihrem Buch, Beziehungsarbeit sei lohnender als fachliche Arbeit. Leistung zählt nichts mehr?
Natürlich ist die Ausbildung die Grundlage für alles. Den ersten Job bekommen Sie in der Regel über das Schulzeugnis oder das Hochschulexamen. Ob Sie dann auf diesem Posten bleiben oder weiter Karriere machen: Da kommt es dann auf die Kontakte an. Die Leute müssen sagen: Den mögen wir, der ist umgänglich.
Wie bei Facebook: Je mehr Freunde, desto besser?
Ich persönlich habe keinen Facebook-Account, wegen der Privatsphäre. Aber an sich ist Facebook eine tolle Sache. Heute bekommen die Menschen viel schneller Kontakte.
Kaufen Sie Facebook-Aktien?
Ich investiere antizyklisch. Beim Internet sehen wir längst einen Hype. Da beteilige ich mich lieber an der Mitteldeutschen Fahrradfabrik. Ich liebe soliden deutschen Mittelstand.
Mittelständler tanzen nicht jeden Abend auf Partys und sammeln hundert Visitenkarten ein. Sie haben Erfolg, weil sich Leistung durchsetzt.
Eben nicht nur. Die können die besten Fahrräder bauen zu günstigsten Preisen. Wenn das Händler und Kunden nicht erfahren, dann nützt das überhaupt nichts.
Das deutsche Wirtschaftswunder ist das Verdienst von PR-Abteilungen?
Natürlich war Mercedes früher so begehrt, dass die nicht Autos verkauft haben, sondern Lieferzeiten. Aber diese Zeiten sind vorbei. Ohne gute Kommunikation läuft heute nichts mehr.
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg ist einer der reichsten Menschen der Welt. Er ist ein Computer-Nerd und bestimmt kein Netzwerker in Ihrem Sinn. Laut Ihrem Muster dürfte sein Erfolg nicht sein.
Das ist es doch: Die Facebook- Generation sitzt abends am Laptop und macht ihre Kontakte vor allem virtuell. Das ist für introvertierte Leute heutzutage leichter. Allerdings habe ich auch die Sorge, dass sich die junge Generation nur noch in der virtuellen Welt bewegt. Ich bin für Herz-Herz-Herz und nicht für Klick-Klick-Klick.
Bill Gates war introvertiert hoch zehn und hatte am Beginn seiner Karriere auch kein Internet.
Aber er hatte eine gute Idee.
So gut, dass er Beziehungen nicht brauchte?
Doch. Sein Durchbruch war erst der Kontakt zu IBM - als die Hardware-Leute merkten, sie brauchen Software. Hätte er diese Beziehungen nicht aufgebaut, würde heute niemand von Microsoft reden.
In Ihrem Buch schreiben Sie: Fragen Sie sich nicht, was Sie wissen, sondern fragen Sie sich, wen Sie kennen. Ist das Ihr Ernst?
Das habe ich mir nicht ausgedacht. Ein renommierter Harvard-Professor schreibt in einer Studie: Es wird zunehmend wichtiger, wen man kennt, als das, was man weiß.
Gibt es in der deutschen Öffentlichkeit Persönlichkeiten, bei denen Sie dieses Muster wiederfinden?
Nehmen Sie Journalisten oder Politiker. Die müssen Kontakte haben, vor Menschen gewinnend auftreten. Wenn Sie Ihre Thesen nur in der Eckkneipe propagieren, kommen Sie nicht mal in den Gemeinderat.
Angela Merkel gilt nicht als geschmeidige Menschenfischerin. Wie hat sie es dann zur Kanzlerin gebracht?
Man muss bei unserer Frau Bundeskanzlerin auch die Lebenserfahrung sehen. Sie wäre vielleicht viel früher nach oben gelangt und in mancher Phase noch beliebter, wenn sie auch dieses gewinnende Kommunizieren einsetzen könnte. Aber sie hat ja hart daran gearbeitet: Die Frisur ist besser, die Kostüme sind anders, auch ihre Körpersprache. Das setzt sie ganz bewusst ein.