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Statistisches Bundesamt : Jeder Fünfte von Armut bedroht

Ein Bettler in Bielefeld: Die Armut in Europa ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken. Bild: dpa

Die Deutschen sind weniger arm als der europäische Durchschnitt, sagt das Statistische Bundesamt. Und die viel beklagte Altersarmut ist gar nicht das drängendste Problem.

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          Etwas mehr als ein Fünftel der deutschen Bevölkerung ist im Sinne der statistischen Kriterien von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht: Im vergangenen Jahr traf dies auf insgesamt 20,6 Prozent der Bürger zu, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Das waren 0,3 Prozentpunkte mehr als 2013. Im Durchschnitt der 28 Mitgliedsländer der Europäischen Union lag der Vergleichswert 24,4 Prozent, 0,1 Prozentpunkte niedriger als 2013.

          Dietrich Creutzburg
          Wirtschaftskorrespondent in Berlin.

          Erfasst werden damit Bürger, auf die eines von drei Kriterien zutrifft: Entweder ihre Einkommen erreichen weniger als 60 Prozent des gesellschaftlichen Mittelwerts, ihre Haushalte sind stark von Erwerbslosigkeit betroffen oder sie müssen sogar mit starken materiellen Entbehrungen leben. Letzteres ist der Fall, wenn Menschen beispielsweise angeben, dass sie aus finanziellen Gründen weniger als jeden zweiten Tag Fleisch essen können oder sie ein Problem haben, die Miete und die Stromrechnung pünktlich zu bezahlen. Diese Gruppe der „erheblich Deprivierten“ machte im vergangenen Jahr 5 Prozent der deutschen Bevölkerung aus. Das waren 0,4 Prozentpunkte weniger als 2013. Dieser Wert liegt im EU-Durchschnitt derzeit bei 9 Prozent.

          Es kommt auch auf das Alter an

          Den mit Abstand größten Teil der Gesamtgruppe machen diejenigen aus, die im statistischen Sinn als armutsgefährdet gelten, weil ihr Einkommen weniger als 60 Prozent des Mittelwerts beträgt. Dies waren in Deutschland im vergangenen Jahr 16,7 Prozent. Hier ist der europäische Vergleichswert mit 17,2 Prozent nur unwesentlich höher. Das liegt daran, dass dieses Kriterium vor allem die Einkommensspreizung in einer Gesellschaft misst. So liegt der Schwellenwert von 60 Prozent für eine allein lebende Person in Deutschland bei einem Jahreseinkommen von 11.400 Euro, in Spanien bei knapp 8.000 Euro und in Tschechien bei knapp 4.600 Euro. Der Anteil der Bürger, die in diesem Inne armutsgefährdet sind, liegt indes in Spanien sogar bei 22 Prozent und in Tschechien nur bei 9,7 Prozent.

          Deutliche Unterschiede bestehen zudem zwischen den Bevölkerungs- und Altersgruppen. So belegt die aktuelle Auswertung, dass die politisch viel diskutierte Altersarmut in Deutschland zumindest derzeit noch nicht das drängendste Problem ist: In der Altersgruppe der über 65-Jährigen liegt der Anteil der insgesamt von Armutsrisiken oder Ausgrenzung Bedrohten bei 17,4 Prozent und damit um mehr 3 Prozentpunkte unter dem deutschen Durchschnittswert von 20,6 Prozent. Ebenso liegt der Anteil der „erheblich Deprivierten“ unter den Senioren mit 3,2 Prozent deutlich unter dem Durchschnittswert von 5 Prozent. Quer durch alle Gruppen sind allerdings Frauen tendenziell etwas stärker den jeweiligen Armutsrisiken ausgesetzt als Männer.

          Grundlage der Daten ist eine jährliche, europaweit koordinierte Erhebung, für die eine repräsentative Zahl von  Haushalten nach ihren Einkommens- und Lebensbedingungen befragt wird.

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