Familienleistungen : Was Ministerin Paus zur Kindergrundsicherung plant
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Lisa Paus im November 2022 Bild: dpa
Familienministerin Lisa Paus hat die Eckpunkte zur Neuausrichtung von Familienleistungen verschickt. Ein heikler Punkt bei der Ausgestaltung ist die Vermeidung von Fehlanreizen.
Das sozialpolitische Großprojekt Kindergrundsicherung bekommt erste Konturen – auch wenn die Eckpunkte, die Familienministerin Lisa Paus (Grüne) am Donnerstag verschickte, noch viele Fragen offenlassen. Das Papier, das der F.A.Z. vorliegt, enthält viele Ausführungen dazu, dass die staatlichen Leistungen für Kinder erhöht und mehr Familien und ihre Kinder mit Unterstützungsbedarf erreicht werden sollen. Aber die Ministerin hat nicht dargelegt, was das Vorhaben kosten wird. Intensive Debatten in der Ressortabstimmung werden unter anderem zur Höhe des geplanten „bedarfsgerechten Zusatzbetrages“ erwartet.
Großen Modernisierungsbedarf sieht das Familienministerium bei der Neuberechnung des Existenzminimums für Kinder: „Die Regelbedarfe sollen zukünftig stärker als bisher an den Haushaltsausgaben der gesellschaftlichen Mitte ausgerichtet werden“, heißt es in dem Eckpunktepapier Auch die mehr als 20 Jahre alten Verteilungsschlüssel, mit denen Teile der Haushaltsausgaben, etwa für Strom, Reparaturarbeiten, den Kindern zugesprochen werden, sollen erneuert werden.
Fundament der Kindergrundsicherung wird der sogenannte Garantiebetrag sein, den es für alle Kinder unabhängig von der Einkommenssituation geben soll. Von 2025 an soll er mindestens der Höhe des dann geltenden Kindergeldes – derzeit sind es 250 Euro für jedes Kind – entsprechen. Das ist jedoch nur der erste Schritt: „Perspektivisch“ soll der Garantiebetrag der maximalen Entlastungswirkung des steuerlichen Kinderfreibetrags von aktuell 354 Euro entsprechen. Begründet wird dies mit dem Anspruch von Verteilungsgerechtigkeit.
Wer trägt die Kosten?
Zusätzlich zum Garantiebetrag ist als „Instrument der Armutsprävention und Armutsbekämpfung ein bedarfsgerechter Zusatzbetrag“ vorgesehen. Der Bewilligungszeitraum beträgt zwölf Monate. Bis zu welcher Einkommenshöhe die Leistung beantragt werden kann, steht noch nicht fest. Dementsprechend gibt es auch noch keine Angaben zur maximalen Gesamthöhe des Zusatzbetrages. Unter anderem ist vorgesehen, dass er eine Kinderwohnkostenpauschale gemäß dem jeweils aktuellen Existenzminimumbericht – derzeit 120 Euro – enthält. Das Verhältnis zum Wohngeld muss noch geklärt werden. Außerdem soll „eine ausreichend hohe Pauschale für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben“ enthalten sein. Aktuell sind dafür 15 Euro monatlich vorgesehen.
Die Kindergrundsicherung soll vorrangig zum Bürgergeld sein, das seit Jahresbeginn „Hartz IV“ ablöst. Beziehen die Eltern Bürgergeld, erhalten ihre Kinder automatisch den maximalen Zusatzbetrag der Kindergrundsicherung, es sei denn, die Leistung ist um eigenes Einkommen des Kindes zu reduzieren.
Ein heikler Punkt bei der Ausgestaltung ist die Vermeidung von Fehlanreizen. Damit sich mehr Arbeit und ein höheres Einkommen lohnen, soll sich der Zusatzbetrag langsamer verringern, als das Einkommen steigt. Restriktionen bei der Kindergrundsicherung sind für den „Export“ der Geldleistungen ins Ausland geplant: Der Zusatzbetrag wird so ausgestaltet, dass er europarechtskonform möglichst nicht EU-Bürgern gewährt werden muss, deren Kinder nicht in Deutschland leben“, heißt es in dem Eckpunktepapier. „Eine unangemessene Inanspruchnahme von Garantie- und Zusatzbetrag soll vermieden werden.“
Unklar ist noch, welche Kosten der Kindergrundsicherung der Bund trägt und welche Belastungen auf die Länder und die Kommunen zukommen. Mit diesen Fragen ist die Unterarbeitsgruppe „Quantifizierung“ der Interministeriellen Arbeitsgruppe befasst, die das Projekt flankiert.