Neue Steuerschätzung : Noch sprudeln die Steuereinnahmen
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Die Menschen geben dank steigender Gehälter weiter viel aus. Bild: Cornelia Sick
Der Wirtschaftsabschwung schlägt aufgrund der guten Arbeitsmarktlage bislang nicht auf den Haushalt durch. Doch nächstes Jahr fehlt Geld in der Kasse.
Der Bund hat gute Aussichten, in diesem Jahr ein neues finanzielles Polster zu schaffen. Damit wäre er gerüstet, um in den kommenden Jahren eventuelle Mindereinnahmen infolge der schwächeren Konjunktur auffangen zu können. Nachdem das Steueraufkommen in den ersten neun Monaten dieses Jahres stärker als im Mai unterstellt gestiegen ist, deutet inzwischen alles auf höhere Staatseinnahmen im Gesamtjahr hin.
Gleichzeitig ist absehbar, dass der Bund weniger für seine Schulden ausgeben muss, als er im Haushalt als Vorsorge eingeplant hat. In Koalitionskreisen schließt man daher sogar einen zweistelligen Milliardenüberschuss für dieses Jahr nicht mehr aus. Dahinter steht folgende Rechnung: höhere Steuereinnahmen von 4 Milliarden Euro, geringere Zinsausgaben von 5 Milliarden Euro, nicht abgerufene Mittel etwa für Investitionen in üblicher Höhe.
Anfang kommender Woche wird der Arbeitskreis Steuerschätzung in Stuttgart zusammenkommen, um seine Prognose zu aktualisieren. Für das nächste Jahr geht die Bundesregierung in ihrer Herbstprojektion von einem Plus von nur noch einem Prozent aus, zuvor hatte sie mit einem Zuwachs von 1,5 Prozent gerechnet. Für dieses Jahr wird weiterhin erwartet, dass die deutsche Wirtschaft marginal um 0,5 Prozent wächst.
Ordentliche Beschäftigung und steigende Gehälter
Im Schätzerkreis geht man davon aus, dass die neue Prognose die Finanzminister von Bund und Ländern nicht vor unlösbare Probleme stellen wird. Noch sprudeln die Steuereinnahmen, vor allem das Aufkommen aus der Lohnsteuer und der Umsatzsteuer ist höher als gedacht. Grund ist die nach wie vor ordentliche Beschäftigung und steigende Gehälter. Wenn die Einkommen steigen, die Stellen sicher sind und das Sparen sich nicht lohnt, geben die Leute mehr aus, so dass sich auch die Umsatzsteuer positiv entwickelt. Entsprechend hoch sei die „Startrampe“, hieß es am Freitag gegenüber der F.A.Z. Man unterstelle gemeinhin, dass das höhere Ergebnis aus dem einen Jahr gleichsam mit in das nächste genommen werde. Das dürfte den Effekt aus der geringeren Wachstumsrate im nächsten Jahr mehr oder weniger ausgleichen.
Die spürbare Abkühlung der Konjunktur schlägt bisher nicht auf den Bundeshaushalt durch. Wie das Magazin „Der Spiegel“ berichtet, kann allein der Bund nach dem Prognosevorschlag der Fachleute von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) für dieses Jahr mit einem Plus von rund 4 Milliarden Euro gegenüber der Steuerschätzung vom Frühjahr kalkulieren. Für nächstes Jahr erwarten sie, dass die Steuereinnahmen des Bundes um 0,5 Milliarden Euro niedriger ausfallen werden als noch im Mai vorhergesagt. In den Folgejahren bis 2023 sollen dem Bund jeweils rund eine Milliarde Euro im Vergleich zur Frühjahrsschätzung fehlen.
Die Mitglieder des Arbeitskreises werden in Stuttgart drei Tage auf Grundlage des Vorschlags aus dem Bundesfinanzministerium über jede einzelne Steuerart beraten. Gegenüber den Zahlen aus Berlin sind jeweils Korrekturen nach oben und unten möglich. Genaueres wird man erst am nächsten Mittwochnachmittag wissen, dann will der Bundesfinanzminister das Ergebnis in Berlin vorstellen.
Die Steuerschätzung ist eine wichtige Grundlage für die abschließende Beratung des Bundeshaushalts 2020. Regionalisierte Zahlen fließen in die Planungen der Bundesländer ein. Der Arbeitskreis trifft sich zweimal im Jahr, im Frühjahr und im Herbst. Die Steuerschätzer arbeiten stets auf Grundlage der neuesten Wachstumsprognose der Bundesregierung. Der Arbeitskreis schätzt die Steuereinnahmen in der Regel auf der Grundlage des geltenden Steuerrechts. Geplante Steueränderungen sind ergänzend zu berücksichtigen.