
Schwarze Börsenwoche : Das ist nicht die Stunde der Ökonomen
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Die Talfahrt an den Aktienmärkten setzte ich am Donnerstag fort. Bild: dpa
Auch Anleger müssen lernen, dass die Geldpolitik nicht gegen Verluste versichert. Das war immer eine abwegige Vorstellung. Umso schmerzhafter ist nun das Erwachen.
Spätestens nach einem weiteren schlimmen Tag an der Börse steht fest: Die Geldpolitik kann den aus dem Virus entstehenden wirtschaftlichen Schaden einzugrenzen versuchen, aber sie ist allein nicht in der Lage, den Sturz der Wirtschaft in eine Rezession zu verhindern. Das hat auch die Europäische Zentralbank erkannt, die mit ihren Beschlüssen vom Donnerstag einen wichtigen und willkommenen Beitrag leistet, die Geschäftsbanken vor Liquiditätsnöten zu bewahren.
Aber die EZB verzichtete aus guten Gründen auf weitere Senkungen ihrer Leitzinsen, die im gegenwärtigen Umfeld den ohnehin unter Druck stehenden Geschäftsbanken eher schaden als nützen würden. Auch die Finanzpolitik kann derzeit kaum mehr tun, als die Liquiditätslage der Unternehmen durch einen erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld und durch Liquiditätshilfen zu lindern.
Alle herkömmlichen Versuche, die Kaufkraft der Menschen zu stärken, scheitern an der außergewöhnlichen Art der Herausforderung: Wenn die Menschen aus Gesundheitsgründen zu Hause bleiben sollen, hätte es wenig Sinn, sie mit Kaufanreizen in die Geschäfte, Restaurants und Flugzeuge locken zu wollen.
Mit dieser Erkenntnis tun sich viele Teilnehmer an den Finanzmärkten schwer, die nun die EZB heftig kritisieren. Sie hatten sich in den vergangenen Jahren an den Gedanken gewöhnt, die Geldpolitik könne alle ernsthaften wirtschaftlichen Schwierigkeiten bekämpfen. Das war immer eine abwegige Vorstellung. Umso schmerzhafter ist nun das Erwachen.
Latentes Misstrauen in die Gesundheit der Geldhäuser
Dies ist ohnehin nicht in erster Linie die Stunde der Ökonomen und der Wirtschaftspolitiker, sondern die Stunde der sich zum Teil aufopfernden Ärzte und Krankenschwestern sowie der Gesundheitspolitiker. Die Lehre aus China lautet, dass vor einer Erholung der Wirtschaft und der Börsenkurse zunächst die Ausbreitung des Virus aufgehalten werden muss.
Die dafür notwendigen Maßnahmen wie Beschränkungen des Flugverkehrs, die Schließung von Geschäften und die Absage von Kultur- und Sportereignissen tragen zwar zu dem wahrscheinlichen Fall der Wirtschaft in die Rezession bei, aber sie sind im Interesse der Menschen dennoch unerlässlich. Seriöse Prognosen über die weitere Wirtschaftsentwicklung sind derzeit nicht möglich. So kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich nach einer erfolgreichen Bekämpfung des Virus Wirtschaft und Börsen schnell wieder erholen werden.
Bis dahin gilt es aus ökonomischer Sicht vor allem, die Banken gegen eventuelle Risiken abzuschirmen. Vor gut zehn Jahren führte eine die Banken schwer erschütternde Finanzkrise in eine anschließende Rezession. Nach allen Erfahrungen sind solche Kombinationen aus Finanzkrise und Wirtschaftskrise auch für das Vertrauen der Menschen in die Politik verheerend. Heute muss unbedingt verhindert werden, dass sich aus einer Wirtschaftskrise eine Finanzkrise entwickelt.
Die stark fallenden Aktienkurse der Banken stehen für ein latentes Misstrauen der Börse in die Gesundheit der Geldhäuser. Hier sind Zentralbanken, Aufsichtsbehörden und Regierungen aufgefordert, für Vertrauen zu sorgen. Die EZB hat heute einen Beitrag geleistet; ob er ausreicht, muss sich zeigen. Die Unsicherheit über die weitere Ausbreitung des Virus und die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Wirtschaft werden auch weiter auf der Börse lasten.