https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/marktmanipulationen-abrechnung-mit-den-banken-12762934.html

Marktmanipulationen : Abrechnung mit den Banken

Die Sünden werden bestraft und das Ausmaß ist nicht klein: Rechtskosten von mehr als fünf Milliarden Euro hatte die Deutsche Bank zuletzt. Bild: AP

Die Manipulation von Marktpreisen ist Betrug. Geldstrafen greifen zu kurz, die Kriterien hierfür sind vage. Die Vergehen sollten personelle und auch strafrechtliche Konsequenzen haben.

          3 Min.

          Die Banken werden für ihre Sünden bestraft, und das Ausmaß beeindruckt: Die Deutsche Bank hatte in den beiden vergangenen Jahren Rechtskosten von mehr als fünf Milliarden Euro. Das ist fast viermal so viel wie der in diesem Zeitraum erzielte Nettogewinn. Die Summe übersteigt auch die in den vergangenen sechs Jahren an die Aktionäre ausgeschüttete Dividende. Sie müssen ihre Ansprüche auch in diesem Jahr zurücknehmen, weil die beiden Vorstandsvorsitzenden Anshu Jain und Jürgen Fitschen vor neuen Herausforderungen warnen.

          Markus Frühauf
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Die Doppelspitze wirbt zudem immer stärker um Geduld für den von ihnen ausgerufenen Kulturwandel, weil die Umsetzung Zeit brauche. Das lässt weitere Altlasten und damit neue Rechtskosten befürchten. So gut wie die Wettbewerber von der Wall Street verdient die Deutsche Bank noch nicht. Die Strafen treffen sie aber auch nicht ins Mark, denn unterm Strich verblieb im vergangenen Jahr ein Milliardengewinn. Die größten amerikanischen Banken dürften die Rechtsprobleme nach der Finanzkrise mehr als 100 Milliarden Dollar gekostet haben.

          Die Substanz der Banken ist keineswegs bedroht

          Auch dieser Betrag ist höher als die in diesem Zeitraum gezahlten Dividenden. Doch die Substanz der Banken ist keineswegs bedroht. Das zeigt das Beispiel JP Morgan. Die größte Bank der Vereinigten Staaten musste im vergangenen Jahr 23 Milliarden Dollar Strafen zahlen. Trotzdem wurde ein Gewinn von 18 Milliarden Dollar erzielt. Dass die Banken die hohen Bußen verkraften, ist zwar richtig, weil der Sinn der Strafen nicht sein kann, die Institute in ihrer Existenz zu gefährden. Doch Bußgelder dürfen nicht das letzte Wort sein.

          Denn die Manipulation von Marktpreisen stellt kein Kavaliersdelikt dar. Diesem Vorwurf sind die Deutsche Bank, JP Morgan und viele andere Großbanken nicht nur bei Referenzzinsen, sondern nun auch am Devisen- und Edelmetallmarkt ausgesetzt. Viele Kunden, insbesondere Unternehmen entziehen den Banken ihr Vertrauen, weil sie befürchten, bewusst getäuscht zu werden. Schlimmer hätte es die Banken nicht treffen können. Die Vergehen müssen personelle und auch strafrechtliche Konsequenzen haben, weil sie Betrug darstellen.

          Das öffentliche Bedürfnis nach Vergeltung

          Die Geldstrafen geben den Aufsichtsbehörden die Gelegenheit, sich in der Öffentlichkeit hart gegenüber der Branche zu zeigen. Die Banken machen mit und jammern. So können die Aufseher vom eigenen Versagen in der Finanzkrise ablenken, während die Banken versprechen, aus den Fehlern lernen zu wollen. Die Milliardenstrafen haben auch den Zweck, das öffentliche Bedürfnis nach Vergeltung zu stillen. Doch die Kriterien, nach denen die Geldstrafen erhoben werden, sind vage. In den Vereinigten Staaten werden die Vergleiche mit den staatlichen Behörden ausgehandelt. Ein grober Maßstab sind dabei die Volumina der zur Last gelegten Geschäfte.

          Daraus erklärt sich auch, warum JP Morgan wegen falscher Angaben zu verlustreichen Hypothekenanleihen an die staatliche Behörde FHFA 2,9 Milliarden Euro zahlen muss und die Deutsche Bank 1,4 Milliarden Euro. Doch wie stark die Mitarbeiter der einzelnen Banken getäuscht haben oder ob auch der Käufer nachlässig gehandelt hat, lässt sich daraus nicht ableiten. Die Europäische Kommission orientiert sich an der jeweiligen Größe der Bank. Als sie im Dezember gegen sechs Banken wegen Zinsmanipulationen Bußgelder von insgesamt 1,7 Milliarden Euro verhängte, war die Deutsche Bank mit 725 Millionen Euro am stärksten betroffen.

          Die Schwere des Vergehens steht nicht im Vordergrund

          Sie hatte von den sechs Instituten die höchsten Marktanteile. Wegen der Kronzeugenregelung wurde zwei Instituten die Strafe ganz erlassen: für die Schweizer UBS 2,5 Milliarden Euro und für Barclays 690 Millionen Euro. Die Schwere des Vergehens steht auch hier nicht im Vordergrund. Das erinnert an andere Kartellverfahren. Aber der volkswirtschaftliche Schaden fällt deutlich geringer aus als an den Zinsmärkten, die ein Volumen von Hunderten Billionen Euro haben. Die neuen Ermittlungen, von denen die Deutsche Bank stark betroffen ist, zeigen, dass die Manipulationen offenbar noch weiter reichen.

          Die Mauscheleien am Devisen- und Edelmetallmarkt beruhen aber nicht auf Schätzungen, die Händler verschiedener Häuser in der Zinsaffäre miteinander abgestimmt haben. Nun geht es um tatsächliche Geschäfte, die gegen das Interesse von Kunden getätigt worden sein sollen. Für die Präsidentin der deutschen Finanzaufsicht Bafin, Elke König, wiegt deshalb dieser Verdacht schwerer als die Zinsaffäre.

          Um künftig Betrug im Investmentbanking zu verhindern, reichen keine Geldstrafen, die mit den Banken ausgehandelt werden. Zur Verantwortung müssen alle gezogen werden, die an Manipulationen beteiligt waren oder durch unterlassene Kontrollen geduldet haben. Zwar gestaltet sich die Beweisführung schwierig, wie die Sonderprüfung der Deutschen Bank durch die Finanzaufsicht Bafin in der Zinsaffäre zeigt. Doch ist Hartnäckigkeit geboten. Denn die Gefahr ist groß, dass der Kulturwandel, den nicht nur die Deutsche Bank ausgerufen hat, irgendwann wieder dem Wettbewerbsdruck geopfert wird.

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Streit um die Wärmepumpe: Die Politik will Klimaschutz auch in den Heizungskeller bringen

          Wärmepumpenpläne in der EU : Verkorkste Heizungspolitik

          Die Kritik von FDP-Fraktionschef Dürr an dem vermeintlichen Heizungs-Hammer aus Brüssel ist verlogen. Jenseits der Aufregung zeigt sich aber, wie verkorkst die europäische und deutsche Klimapolitik ist.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.