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Marketing : Kunst ist ein unterschätztes Kommunikationsinstrument

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"Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar", sagte seinerzeit Paul Klee (1879-1956, schweizerisch-deutscher Maler und Grafiker). Zahlreiche Unternehmen versuchen genau das: sich durch den Einsatz von Kunst sichtbar zu machen.

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          "Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar", sagte seinerzeit Paul Klee (1879-1956, schweizerisch-deutscher Maler und Grafiker). Zahlreiche Unternehmen versuchen genau das: sich durch den Einsatz von Kunst sichtbar zu machen. Kunst gilt inzwischen als internes und externes Kommunikationsinstrument, um Image und Philosophie des Unternehmens zu vermitteln. Die Ergebnisse einer im Juli vom Münchner Unternehmen Artcom veröffentlichten Studie zeigen: Kunst kann Botschaften transportieren. Insgesamt beteiligten sich 39 Unternehmen aus 13 verschiedenen Branchen an der Befragung.

          Kunst wird als Bindeglied zwischen Menschen und Unternehmen eingesetzt. Beispielsweise zeigen Deutsche Bank, Dresdner Bank und Allianz in ihren Gebäuden Gemälde oder Skulpturen und bieten Führungen an. Auch zahlreiche andere Unternehmen besitzen selbst Kunst. Mehr als ein Viertel hat sogar über 2500 Werke in der Sammlung (siehe Grafik). Annette Brackert vom Arbeitskreis Kultursponsoring in Berlin (AKS), einer Lobbyinstitution kunstfördernder Unternehmen, sagt: "Mit Hilfe der Kunst werden Erlebniswelten geschaffen, die sonst so nicht besetzt werden könnten."

          Durch die Förderung von Kunst wird Verantwortung innerhalb der Gesellschaft wahrgenommen. Diese positive Außenwirkung nutzt dem Ansehen. Aus der Umfrage von Artcom geht hervor, daß annähernd 95 Prozent der Befragten an eine Stärkung von Marke und Image glauben. Fast 70 Prozent sehen eine Intensivierung der Kundenbindung. Die Museen und Kunsteinrichtungen ihrerseits können die finanziellen Zuwendungen gut gebrauchen. Viele Kunsteinrichtungen präsentieren ständige Partner aus der Wirtschaft als Sponsoren. So wie das Folkwang Museum in Essen, das seit Jahren von der Ruhrgas AG unterstützt wird - eine öffentlichkeitswirksame Partnerschaft.

          Die Artcom-Studie ergab weiter, daß auch die eigenen Angestellten eine Zielgruppe des Kunstengagements sind. Der Einsatz von Kunst führe zu einer stärkeren Identifikation mit dem Arbeitgeber, meinten fast 90 Prozent der Studienteilnehmer. Darüber hinaus denken mehr als zwei Drittel, die Motivation der Mitarbeiter werde in einem hohen Maß gefördert. Bei der Deutschen Bank können Mitarbeiter an der Kunstförderung des Unternehmens auf besondere Weise teilhaben. Im Depot in der Frankfurter Innenstadt können sie bankeigene Bilder ausleihen, um diese in ihrem Büro aufzuhängen. "Das Motto ist Kunst am Arbeitsplatz", erklärt Claudia Schicktanz, die mit ihrem Team die Sammlung verwaltet. Das Angebot sei bei vielen Mitarbeitern beliebt, und ein Großteil der Werke komme für lange Zeit nicht in die Regale zurück. "Ich halte Kunstengagement für eine gute Sache", sagt Schicktanz. Durch die Sammlung sei es auch attraktiv, Kunden einzuladen, Führungen würden immer wieder nachgefragt. Es sei gut zu merken, daß die Bank sich sozial und gesellschaftlich engagiere.

          Der Studie zufolge erkennen Unternehmen zunehmend, daß eine Strategie hinter dem Sponsoring eine bessere Wirkung ermöglicht. Mehr als die Hälfte der Befragten bejahten systematisch geplantes Engagement. "Kunstsponsoring eignet sich besonders, um zielgenau anzusprechen", erklärt AKS-Referentin Brackert. Für jede Zielgruppe gebe es eine passende Kunstform. Sponsoring müsse in die Unternehmenskommunikation integriert werden. Es sei jedoch wichtig, daß die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Kunsteinrichtungen oder Künstlern kreativer werde. Brackert erläutert: "Nur das Logo abzudrucken, reicht nicht mehr." Nicht nur große Unternehmen setzen Kunst als Instrument ein, um Aufmerksamkeit zu wecken . "In der Relation zum Umsatz ist das Engagement im Mittelstand viel größer", berichtet Brackert. Im lokalen und regionalen Bereich seien die kleineren Betriebe sehr aktiv. Der Chef habe oft eine enge Beziehung zum Geförderten und wolle zugleich auch diesen unterstützen.

          Wahrscheinlich die größte Schwierigkeit beim Einsatz von Kunst ist, daß der Erfolg der Maßnahmen wirtschaftlich nachweisbar sein muß. Hinzu kommt die mangelnde Bereitschaft der Medien, Sponsoren zu nennen. "Die Verantwortlichen müssen sich deshalb jährlich ihren Etat erstreiten", weiß auch Brackert. Schließlich konkurriere der Einsatz von Kunst hinsichtlich der Außenwirkung mit der klassischen Werbung. "Wir sponsern schon seit Jahren, wissen aber nicht, was dabei herumkommt", sei eine typische Aussage, sagt Alexandra Duda. Die Diplom-Kauffrau ist Geschäftsführerin von Art Rat aus Düsseldorf, die überwiegend Kultureinrichtungen, zunehmend aber auch Unternehmen berät. Deshalb entwickelte Art Rat ein Forschungsdesign, das unter anderem den positiven Imagetransfer durch Kunst meßbar machen soll. Die ersten Ergebnisse der neuen Methode stehen jedoch noch aus.

          Mit der Wirkung von Kultursponsoring befaßte sich auch Manfred Schwaiger, Professor am Seminar für Empirische Forschung und Unternehmensplanung an der Ludwig-Maximilians-Universität. Er erstellte eine Studie, die gezielt den Einfluß von Kulturengagement auf die möglichen Zielgruppen untersucht. "Auf dem Gebiet der Kommunikation fehlte die Kundenorientierung völlig", nennt Wirtschaftswissenschaftler Schwaiger den Anlaß zu dieser Forschungsarbeit. Die positive Wahrnehmung von Engagement auf dem Gebiet der Kunst liege bei etwa 90 Prozent, stimmt Schwaiger den Ergebnissen der Artcom-Umfrage zu. Bei der Identifikation mit dem Unternehmen durch Mitarbeiter differenziert er jedoch: "Wir konnten nicht feststellen, daß sich ein besonderes Wir-Gefühl in den Firmen entwickelt hat." Allerdings werde über den Stolz der Mitarbeiter, für eine Firma mit guter Reputation zu arbeiten, ein positiver Effekt erzielt.

          Schwaiger wird seine Forschungsreihe fortsetzen. Es gelte jetzt, die Ergebnisse belastbarer zu machen. Schon jetzt ist Schwaiger wegen seiner Untersuchungen überzeugt: "Kultursponsoring ist wirklich eines der zahlreichen Kommunikationsinstrumente und gehört eingebunden."

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