Mali : Das sagenhafte Reich voller Gold und Bodenschätze
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Mit Goldklumpen in der Hand: der sagenumwobene König von Mali, Mansa Musa Bild: mauritius images
Am Rand der Sahara wird ein Krieg um Rohstoffe geführt, heißt es. Doch diese spielen aus französischer Sicht kaum eine Rolle. Malis wichtigster Handelspartner kommt ohnehin längst aus Asien.
Es gibt die Legende des sagenhaften Königs Mansa Musa I. Er lebte im 14. Jahrhundert und regierte von Timbuktu aus das Königreich von Mali, dem er zu sagenhaftem Reichtum verhalf. Mansa Musa ist so etwas wie der Krösus Afrikas. Auf seiner Pilgerfahrt nach Mekka kam er durch Ägypten und gab dort so viel Gold aus, dass die ägyptische Währung Dinar, die auf Gold basierte, auf Jahre hinaus zusammenbrach. Auf einer zeitgenössischen Darstellung wurde Mansa Musa mit einem riesigen Goldklumpen in der Hand dargestellt. Wo hatte der König so viel Gold her, dass der Glanz Timbuktus über die Jahrhunderte strahlte? Wahrscheinlich ließ er - so wie heute Tausende von Maliern auch - im Sand der Sahelzone nach dem Edelmetall graben.
Mali ist eines der ärmsten Länder der Erde. Der Boden ist meist karg, trocken bis dürr und bietet nur in wenigen Regionen im Süden genügend Feuchtigkeit, um dem Boden Hirse, Zwiebeln, etwas Gemüse oder am Ufer des Niger, wo Bewässerung möglich ist, auch Reis und Baumwolle für den Export abzuringen. Die Schätze Malis liegen tief im Boden verborgen. Doch dafür dürfte der Reichtum so groß sein wie in wenigen anderen Ländern: So liegt das Land mitten im „Goldgürtel“, der sich von Senegal über Guinea, Ghana (die ehemalige britische Kolonie Goldküste), Mali, Burkina Faso, Niger, Nigeria und Kamerun durch ganz Westafrika zieht. Daneben gibt es Erdöl, Erdgas, Phosphat, Kupfer, Bauxit, Diamanten und andere Edelsteine - diese und einige andere Rohstoffe zählte der damalige Bergbauminister Mamadou Igor Diarra vor knapp einem Jahr auf. Sogar reiner Wasserstoff wurde tief im Boden des Landes entdeckt - eine Sensation, denn bis dahin hielten es Bodenkundler für sehr unwahrscheinlich, dass sich dieses flüchtige Element überhaupt in reiner Form in der Natur finden lässt.
Immerhin hatte die Regierung unter dem Ende März vergangenen Jahres weggeputschten Präsidenten Amadou Toumani Touré, den alle nur „ATT“ nannten, begonnen, die Explorationsrechte im Land zu verteilen. Seitdem suchen viele internationale Rohstoffunternehmen, aber auch einige malische, den Boden systematisch nach Rohstoffen ab. Das italienische Ölunternehmen Eni beispielsweise hält Rechte im Norden das Landes, auch der internationale Rohstoffkonzern Glencore ist in Mali präsent. Genauso eifern die großen internationalen Schürfkonzerne Randgold Resources oder Anglo American Mansa Musa nach und suchen den Boden Malis nach Reichtümern ab.
Im Westen des Landes wurde sogar Uran gefunden. Dies nährte das Gerücht, Frankreich habe in den Konflikt nur eingegriffen, um seine Atomkraftwerke mit billigem Uran zu versorgen. Denn bisher ist Frankreichs staatlicher Atomkonzern Areva weitgehend auf Vorkommen in Niger angewiesen, die nördlich von Agadez nahe Arlit liegen und die Niger zum größten Uranförderer Afrikas aufsteigen ließen. Doch da die Gefahr durch islamistische Terrorgruppen in Niger kaum weniger groß ist als anderswo in der Sahelzone, verfolge Frankreich das Ziel, durch die Entsendung von Truppen seine Versorgung mit Uran sicherzustellen. Diese Vermutung äußerte am Montag etwa die Gesellschaft für bedrohte Völker.
Überall im Süden der Sahara sind islamistische Fanatiker aktiv
Doch ist die Mali-Intervention tatsächlich ein Kampf um Rohstoffe? Diese Deutung ruft viele Fragezeichen hervor. So ist der größte Handelspartner Malis nicht die ehemalige Kolonialmacht Frankreich, sondern längst schon China mit einem Anteil von mehr als einem Viertel. Mali liefert Baumwolle und einige andere Produkte nach Frankreich, für dessen Unternehmen das arme Land am Rande der Sahara vor allem als Absatzmarkt von Interesse ist. „Mali bleibt für Frankreich ein Handelspartner von untergeordnetem Interesse“, stellte das französische Finanzministerium 2011 lapidar fest. „Frankreich ist nicht einmal mehr der wichtigste Auslandsinvestor in Mali.“
Daran dürfte auch das Uran-Vorkommen wenig ändern. Bis das wirklich gefördert werden könne und wie groß es tatsächlich ist, sei alles noch nicht gesichert, heißt es. Areva habe nicht einmal zuverlässige Bodenkarten über das Gebiet. Von Mali dürften dagegen vor allem geopolitische Risiken ausgehen. Überall im Süden der Sahara sind islamistische Fanatiker und Terrorgruppen aktiv - ihr Aktionsgebiet zieht sich von Somalia über Sudan, Niger, Tschad und Mali bis in den Norden Nigerias. Auch die Tuareg sind zwar islamisiert, doch wie die allermeisten Westafrikaner praktizieren sie einen sehr toleranten Islam. Die Allianz mit den Islamisten haben sie längst aufgekündigt.
Rohstoffe großenteils unerschlossen
Die Rohstoffe Malis sind zum größten Teil unerschlossen. Im Süden gibt es einige Goldminen, die Mali nach Ghana und Südafrika zum drittgrößten Förderer des Edelmetalls in Afrika machen. Doch hier werden keine Klumpen unterirdisch aus Gestein gehauen. Vielmehr waschen die Goldsucher wie zu Zeiten Mansa Musas winzige Körner aus dem Sand. Das an der Frankfurter Börse notierte Rohstoffunternehmen Pearl Gold AG hält eine Beteiligung an der Mine Kodiéran nahe der Grenze zu Guinea. Dort sei die Lage ruhig, sagt Vorstandsmitglied Lutz Hartmann. „Derzeit spüren wir keine akuten Beeinträchtigungen.“ Unklar sei allerdings, wie lange sie noch Zugriff auf Diesel hätten, auf den sie zur Stromerzeugung angewiesen sind.