Streik beim Versandhaus : Das sind Amazons wahre Probleme
- -Aktualisiert am
Ein Amazon-Paket kurz vor dem Versand. Bild: AFP
Die Amazon-Mitarbeiter sind krank und streiken. Doch der Konzern hat ein ganz anderes Problem. Neun Grafiken zeigen, was bei Amazon los ist.
Von allen Seiten her steht Amazon derzeit in der Kritik. Die Mitarbeiter beschweren sich über die Arbeitsbedingungen und wollen mehr Geld. Die Staaten wollen, dass Amazon mehr Steuern zahlt und nicht jedes Schlupfloch nutzt. Und die Investoren werden langsam ungeduldig, weil sie mehr Gewinn sehen wollen. Doch ein Blick in die Zahlen bringt einige Überraschungen.
Im Streit um die Arbeitsbedingungen bei Amazon hat Verdi sich jüngst über den Krankenstand bei Amazon beschwert. Je nach Versandzentrum sind zwischen 15 und 20 Prozent aller Mitarbeiter krank, manchmal sogar bis zu 25 Prozent. Tatsächlich: Wenn die Zahlen stimmen, sind bei Amazon viel mehr Mitarbeiter krank als in anderen Unternehmen - auch in anderen Logistik- oder Versandhandels-Unternehmen.
Tatsächlich müssen Lagermitarbeiter von Amazon weit laufen. Andere Leute laufen teils aber noch weiter. Das sind zum Beispiel die Mitarbeiter von Zalando. Aber auch die Ranger in Nationalparks laufen täglich noch weiter - deren Strecke schätzt die Forscherin Saskia Ziesche am Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Heidelberg auf 20 Kilometer.
Auf jeden Fall will Verdi eine bessere Bezahlung durchsetzen: Verdi streikt, damit Amazon seine Mitarbeiter künftig nicht mehr nach dem Logistik-Tarifvertrag bezahlt, sondern nach dem Tarif für den Einzel- und Versandhandel. Verdi droht: Die Gewerkschaft will das Weihnachtsgeschäft beeinträchtigen. Doch tatsächlich streiken nur wenige Mitarbeiter.
Amazon ist nicht nur wegen der Arbeitsbedingungen ins Gerede gekommen. Es steht auch im Verdacht, übermäßig viele Steuerschlupflöcher auszunutzen. Der Konzern soll seinen Gewinn zwischen vielen Ländern hin- und herschieben, so dass er überall möglichst wenig Steuern zahlt. Europäische Regierungen beschweren sich, dass bei ihnen nur wenig Gewinne und deshalb wenig Steuern anfallen. Doch wenn man den ganzen Konzern wieder zusammenrechnet, sind Amazons Steuern gar nicht so gering. Ein Blick in die Geschäftsberichte der Unternehmen zeigt, dass der Versandhändler einen relativ hohen Anteil seines Gewinns an Steuern zahlt. Die so genannte „Steuerquote“ liegt bei Amazon höher als bei Daimler oder General Motors.
Doch wenn man nicht in Prozenten rechnet, sondern in Euro und Dollar, dann sind die Steuerzahlungen klein. Denn auch Amazons Gewinn ist gering. Das liegt auch an der Geschäftsphilosophie von Firmengründer Jeff Bezos: Der stört sich nicht daran, wenn er mit einem Projekt ein paar Milliarden verliert. Das sei der Preis dafür, wenn man „kühne Experimente“ eingeht, sagt er. In den vergangenen Monaten aber steigt der Verlust.
Gemessen am Unternehmensgewinn ist Amazon noch teurer als fast jedes andere Unternehmen - sogar teurer als Facebook.
Doch Amazon breitet sich immer weiter aus - und verdrängt immer mehr Unternehmen vom Markt.
Inzwischen ist Amazon in Deutschland zum Handelsriesen geworden und macht mehr Umsatz als die Warenhaus-Konzerne Kaufhof und Karstadt. Selbst wenn man nur den Medien-Umsatz betrachtet, ist Amazon größer als die Buchhandels-Kette Thalia. Media-Saturn, die Kette der Media-Märkte und Saturn-Häuser, macht aber noch mehr Umsatz.
Doch der mickrige Gewinn macht langsam die Aktionäre nervös. Immer mehr Anteilseigner beschweren sich laut, und die Unzufriedenheit wird auch im Kurs sichtbar. In diesem Jahr hat Amazon schon rund ein Fünftel seines Wertes verloren. Wenn Amazon künftig zu hohen Kursen Investorengeld einwerben will, dann wird es vielleicht etwas mehr Gewinn erwirtschaften müssen.