Planungsbeschleunigung : Lemke widerspricht Wissing
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Steffi Lemke im Gespräch mit Olaf Scholz und Volker Wissing Bild: dpa
Die Umweltministerin nimmt die Umweltverbände in Schutz. Mit dem Verkehrsminister gibt es Streit über die Beschleunigung von Infrastrukturvorhaben.
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) will Tempo machen beim Straßen- und Brückenbau – und dafür notfalls Streit mit Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) riskieren. Noch in diesem Jahr müssten Regelungen gefunden werden, die Planungszeiten für Infrastrukturvorhaben zu halbieren, sagte er im Interview mit der F.A.Z und verwies auf das Beschleunigungsversprechen im Koalitionsvertrag.
Lemke nahm den Ball am Montag auf und sagte der F.A.Z.: „Wir sind uns in der Koalition vollkommen einig: Wir brauchen Beschleunigung für zentrale Vorhaben, wie den Ausbau der Erneuerbaren oder auch Brückenersatz, um unser Land zu modernisieren.“ Die Umweltministerin setzte jedoch deutliche Grenzen: „Nicht dazu gehören allerdings Autobahnen, Flughäfen, Straßenneubau oder Wasserstraßen.“
Mit kräftiger Unterstützung des Bundesumweltministeriums seien bereits viele Beschleunigungsvorhaben auf den Weg gebracht worden. Weitere Maßnahmen, so Lemke, müssten „zielgerichtet, wirksam und rechtssicher“ sein. Wissings Äußerungen zur Rolle der Umweltschutzverbände zählt sie offenbar nicht dazu. Der Verkehrsminister hatte angedeutet, womöglich die Rechte der Verbänden beschneiden zu wollen. Man sehe, dass Prozesse geführt würden, um Infrastrukturvorhaben „so lange wie möglich hinauszuzögern.Das muss vermieden werden“, sagte er im F.A.Z.-Interview.
Viele Gründe für Verzögerungen
Dazu bemerkte Lemke nun, es gebe vielfältige Gründe dafür, dass sich Planung und Bau von Vorhaben verzögerten. „Klagen von Umweltverbänden zählen kaum dazu.“ Die Rechte von Umweltverbänden leiteten sich zudem aus dem Grundgesetz, EU-Recht und Völkerrecht ab. „Ein pauschaler Ansatz, diese einzuschränken, ist rechtlich und fachlich nicht zielführend, riskiert Rechtsunsicherheit und damit sogar weitere Verzögerungen.“
Zentral für durchgreifende Erfolge bei der Beschleunigung seien die Personalkapazitäten - vor allem bei den Genehmigungs- und Vollzugsbehörden aber auch bei Vergabeprozessen. „Nicht zuletzt aufgrund dieser Engpässe sind die Planungsvereinfachungen und Rechtsänderungen der vergangenen Jahrzehnte so oft ins Leere gelaufen“, kritisierte Lemke.
Zu Wissings Vorschlägen für beschleunigte Infrastrukturvorhaben kursiert bereits ein Gesetzentwurf, wie die F.A.Z. erfuhr. Danach geht es nicht nur um eine Ausnahmeregelung, damit bei sogenannten Ersatzneubauten, wie den Plänen für die neue Rahmede-Talbrücke bei Lüdenscheid, die zeitaufwändige Umweltverträglichkeitsprüfung künftig entbehrlich ist. Eine solche Regelung wurde bereits für den Bau von LNG-Terminals zum beschleunigten Einsatz von verflüssigtem Erdgas getroffen. Darüber hinaus will das Verkehrsministerium angeblich die Planfeststellung, also das Genehmigungsverfahren insgesamt, in den Blick nehmen.