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Einnahmen in der Pandemie : Klinik-Schutzschirm soll auslaufen

Unbelegtes Krankenhausbett auf einer Intensivstation in Nordrhein-Westfalen Bild: dpa

Die Krankenhäuser bekommen in der Pandemie mehr Geld, als sie ausgeben. Das Verschieben von Operationen hat die Sterblichkeit von Patienten nicht erhöht.

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          Die deutschen Krankenhäuser haben finanziell unter der Corona-Epidemie nicht gelitten, im Gegenteil. Weil sie hohe Ausgleichszahlungen erhielten, lagen ihre Erlöse zwischen Januar und Mai inflationsbereinigt um 2 Prozent über dem Vorjahreswert. Deshalb soll der pauschale Krankenhaus-Rettungsschirm nicht verlängert werden. Das geht aus dem Abschlussbericht einer von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eingesetzten Kommission zur Klinikfinanzierung hervor, der der F.A.Z. vorliegt. Am meisten profitierten psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen, in denen die Einnahmen um 8 bis 9 Prozent gestiegen waren.

          Christian Geinitz
          Wirtschaftskorrespondent in Berlin

          Seit Ende März erhalten die Kliniken gemäß dem Krankenhausentlastungsgesetz Ausgleichszahlungen dafür, dass sie planbare Operationen verschieben, um Betten für Covid-19-Fälle freizuhalten. Ursprünglich waren es 560 Euro je Tag und Bett, später setzte der Beirat eine Differenzierung von 360 bis 760 Euro durch. Das Geld stammt aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds der gesetzlichen Krankenkassen (GKV), wird aber vom Bund refinanziert. Zudem bekommen die Kliniken 50.000 Euro für jedes neue Intensivbett mit Beatmungsgerät sowie Pauschalen von 50 Euro je normalem und von 100 Euro je Corona-Patient für Schutzausrüstung. Der Pflegeentgeltwert wurde von 147 auf 185 Euro erhöht.

          Relativ geringe Beanspruchung durch die Pandemie

          Zum aktuellen Anstieg der Corona-Fallzahlen schreibt der Beirat, der sich aus Wissenschaftlern sowie Vertretern der Kassen und der Kliniken zusammensetzt, dass die Zunahme „unter deutlich verbesserten Rahmenbedingungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie als noch im März erfolgt“. Daher sei „eine flächendeckende Freihaltung von Bettenkapazitäten wie auch der Aufbau von Kapazitäten für die intensivmedizinische Behandlung nicht mehr erforderlich“. Es sei unnötig, die Freihalteprämie sowie die Pauschale für Intensivbetten über das Ablaufdatum vom 30. September hinaus zu verlängern. Dafür flossen nach Auskunft des Bundesamts für Soziale Sicherung zwischen April und August 8,1 Milliarden Euro. Künftig sollen die Kliniken die Kompensationen individuell mit den Kostenträgern klären, und zwar gemäß einheitlichen Regeln des GKV-Spitzenverbands, der privaten Versicherungen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).

          Der Bericht stellt fest, dass es von Januar bis Mai 20 Prozent weniger Einweisungen, aber auch 11 Prozent weniger Notfälle gegeben habe. Erstmals verzeichneten die Klinken mehr Notfälle als Einweisungen. Insgesamt habe die Zurückhaltung der Patienten – etwa aus Furcht vor Ansteckungen – eine größere Bedeutung gehabt als die Absage von Behandlungen. Dennoch sei jenseits von Covid-19 keine Übersterblichkeit festzustellen: „Dies spricht dagegen, dass sich die Sterblichkeit von nicht oder verspätet behandelten Patienten erhöht hat.“ Die Pandemie habe die Krankenhäuser relativ gering beansprucht. Corona-Patienten hätten weniger als 2 Prozent aller Betten und 4 Prozent der Intensivplätze belegt. Auch am Montag standen trotz stark steigender Infektionszahlen ein Drittel aller 30.000 Intensivbetten leer. Es wurden unverändert 245 Covid-Patienten intensiv behandelt.

          DKG-Präsident Gerald Gaß sagte der F.A.Z., er begrüße die Ergebnisse des Beirats. Gemeinsam sei es gelungen, „angemessene Finanzierungsregeln“ zu finden. Man sei zuversichtlich, beim GKV-Spitzenverband jetzt individuelle Ansprüche durchzusetzen. Für Stefanie Stoff-Ahnis vom Vorstand des Spitzenverbands zeigt der Bericht, dass die Krankenhäuser durch die Sonderzahlungen „finanziell sehr gut abgesichert wurden“. Jetzt müsse sichergestellt werden, „dass wieder ausreichend Versorgungsanreize gesetzt werden“, sagte sie der F.A.Z.. Damit das Geld der Steuer- und der Beitragszahler richtig genutzt werde, müsse es unbedingt Transparenz über die Zuwendungen geben, einschließlich der Intensivpauschalen (50.000 €). Im Juli hatte es Berichte gegeben, wonach mehr Betten finanziert worden seien, als tatsächlich existierten.

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