Rettungspaket für Zypern : Jetzt müssen auch die Sparer ran
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Die Abgabe der Sparer macht den größten Brocken des zyprischen Eigenbeitrags aus Bild: dpa
Erstmals werden in einem Euro-Krisenstaat auch die Sparer in den Banken herangezogen, um die Finanzhäuser herauszupauken. Andere Details des neuen Hilfsprogramms sind noch offen.
Um zwei Uhr am Samstagmorgen standen die Verhandlungen der Euro-Finanzminister über das Hilfsprogramm für Zypern in Brüssel vor dem Scheitern. Der zyprische Präsident Nikos Anastasiadis und sein Finanzminister Michalis Sarris wehrten sich heftig, dass sich das Land - über Sparabgaben oder Steuererhöhungen - an dem Programm beteiligen solle. Eine Eigenbeteiligung war wiederum für Christine Lagarde, die Geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), und für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Conditio Sine Qua Non. Lagarde signalisierte, der IWF werde keinen finanziellen Beitrag zum Programm ohne Beitrag der zyprischen Sparer leisten. Auch Schäuble hätte seine Zustimmung ohne den Beitrag verweigert.
Erst Jörg Asmussen, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), brachte die zyprische Seite zum Einlenken, indem er klarmachte, dass die zyprischen Banken in der kommenden Woche ohne einen Programmbeschluss pleite gehen würden. Die derzeitige Zwischenfinanzierung der maroden Institute über Liquiditätshilfen des Eurosystems (Ela), die von der zyprischen Notenbank gewährt wird und wegen ihrer Nähe zur monetären Staatsfinanzierung in der Kritik steht, wäre nicht mehr möglich gewesen. Denn Voraussetzung für die Ela-Zwischenfinanzierung war immer, dass ein Hilfsprogramm in Aussicht steht. Bei einem Scheitern der Gespräche wäre diese nicht mehr erfüllt gewesen.
Angesichts dessen lenkte Zypern ein und akzeptierte Bedingungen, die es so noch nicht gab. Erstmals werden in einem Euro-Krisenstaat die Geldeinleger in den Banken herangezogen, um die Finanzhäuser herauszupauken. Das trifft nicht nur ausländische Einleger, sondern auch gewöhnliche Sparer. Beide müssen eine einmalige Sparabgabe entrichten, Einlagen von mehr als 100000 Euro werden mit einer Abgabe von 9,9 Prozent belastet. Unterhalb dieser Schwelle fallen 6,75 Prozent an. Im Gegenzug erhalten die Einleger Aktien der Banken.
Die Abgabe soll nach Angaben des Chefs der Eurogruppe, des niederländischen Finanzministers Jeroen Dijsselbloem, 5,8 Milliarden Euro erbringen. Dass nicht nur die großen Guthaben, sondern auch die kleinen belastet wurden, hatte einen simplen Grund: Sonst wären nicht genug Mittel zusammengekommen. Vor allem die EZB hatte argumentiert, dass eine Belastung der großen Guthaben, die über 10 Prozent hinausgehe, drastische Kapitalflucht zur Folge haben werde. Private Haushalte stellen in Zypern nach Daten der Notenbank fast 39 Prozent der Bankeinlagen. 37 Prozent der Einlagen in Zypern stammen aus dem Ausland, 30 Prozent nicht aus dem Euroraum. Die gesamten Einlagen betragen rund 380 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Die Sparerabgabe macht den größten Brocken des zyprischen Eigenbeitrags aus. Hinzu kommt, dass der Körperschaftsteuersatz von 10 auf 12,5 Prozent erhöht wird, auch soll eine Steuer auf Zinserträge eingeführt werden. Weitere Auflagen hatte die Troika aus IWF, EU-Kommission und EZB mit der zyprischen Regierung schon vor dem Treffen ausgehandelt. Neben Spar- und Reformvorgaben ist auch die Auflage enthalten, Staatsbetriebe zu privatisieren. Kandidaten sind die staatliche Telefongesellschaft, die Energieversorger und die Häfen. Ferner muss der Bankensektor bis 2018 erheblich auf den europäischen Durchschnitt schrumpfen. Gemessen an den Bilanzsummen ist Zyperns Bankensektor etwa acht Mal so groß wie die Wirtschaft, im EU-Durchschnitt liegt der Faktor bei etwa 3,5. Viele der Auflagen müssen noch in weiteren Gesprächen der Troika in Nikosia ausgearbeitet werden. Es seien noch sehr viele Details offen, hieß es in der Eurogruppe.
Zwar liegen erste Schätzungen vor, wie viel die Maßnahmen erbringen werden. Von 1,4 Milliarden Euro Privatisierungserlösen und je einer Milliarde Euro durch die höhere Körperschaftsteuer und die Zinsbesteuerung ist die Rede. Dabei handle es sich aber nur um erste Richtwerte, hieß es in Brüssel. Deshalb blieb am Wochenende auch offen, wie sichergestellt werden soll, dass Zypern seine Staatsschulden langfristig tragen kann.
In einer Mitteilung der Eurogruppe heißt es, 2020 solle die Staatsschuld 100 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen. Der IWF und die EU-Kommission sein unabhängig voneinander zum Ergebnis gekommen, dass dieses Ziel mit den vereinbarten Maßnahmen erreichbar sei, verlautete in Brüssel. Eine Schuldentragfähigkeitsanalyse gebe es aber noch nicht. Ende 2012 lag die Staatsschuld bei rund 86 Prozent der Wirtschaftsleistung. Im vergangenen Herbst hatte der IWF prognostiziert, dass sie bis 2017 auf 106 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen werde, das entspricht einem Zuwachs von rund 6 Milliarden Euro. Mit dem Rettungspaket nimmt Zypern Kredite von 10 Milliarden Euro auf.
Um eine Ansteckung Griechenlands auszuschließen, sollen griechische Tochtergesellschaften der beiden größten zyprischen Banken, Bank of Cyprus und Laiki Bank, zunächst „abgeschirmt“ und später an griechische Banken verkauft werden. Ein Teil der Rettungskosten wird so auf Griechenland übertragen. Alle größeren griechischen Banken hängen selbst am Tropf des griechischen Bankenrettungsfonds. Dieser hat noch Mittel von etwa 4 Milliarden Euro übrig und kann daher den Kapitalisierungsbedarf in den griechischen Tochtergesellschaften zyprischer Banken decken, der sich auf 2 Milliarden Euro belaufen soll. Griechische Sparer in den Tochtergesellschaften sind also nicht von der Einlagensteuer betroffen. Russland wird sich derweil nur indirekt an der Hilfe beteiligen. Die Regierung in Nikosia will sich bemühen, eine Verlängerung der Laufzeit eines russischen Kredits von 2,5 Milliarden Euro zu erlangen. Moskau scheint dazu bereit.