Nach Dijsselbloem-Äußerungen : Wie wollen wir retten?
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Protest gegen die Auflagen der Troika am Dienstag in Nikosia Bild: REUTERS
Der Eurogruppen-Chef hat offenbar mächtig für Wirbel gesorgt: Er sagt, dass Bankenpleiten künftig zuerst von den Eigentümern geschultert werden müssen. Er erntet Reaktionen aus Brüssel und Finnland. Und Luxemburg ist sauer auf Deutschland.
Die Äußerungen des Eurogruppen-Chefs Jeroen Dijsselbloem, Zyperns Rettung könne ein Modell auch für andere Länder sein, haben am Dienstag für einigen Wirbel gesorgt. „Der Fall Zypern ist einzigartig, und zwar aus vielerlei Gründen“, sagte die Sprecherin von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier in Brüssel. „Das heißt nicht, dass es ein perfektes Modell ist, das man so, wie es ist, in Zukunft wieder nutzen sollte.“
Die Kommissionssprecherin betonte aber, dass durchaus eine Situation wünschenswert sei, „in der der Steuerzahler aufhört, für Fehler der Banken zu zahlen“. Um die Bankenbranche in Europa zu stärken, sei die EU deshalb auf dem Weg zu einer gemeinsamen Bankenunion mit einer zentralen Bankenaufsicht sowie der Sicherung der Kundengelder im Fall einer Bankpleite. „Damit werden wir eine ganz andere Situation bekommen.“ Dabei betonte die EU-Kommission abermals, dass in der EU alle Sparguthaben bis 100.000 Euro auch bei der Pleite von Geldhäusern staatlich garantiert seien. Das gelte auch dann, wenn Geldhäuser abgewickelt oder saniert werden müssten. Die Sprecherin von EU-Kommissar Barnier sagte, Kleinsparer dafür zur Kasse zu bitten, sei „zu keiner Zeit möglich, nicht jetzt und nicht in der Zukunft.“
„Europa sollte zu einer normalen Marktwirtschaft werden“
Die finnische Ministerpräsident Jyrki Katainen sagte, er halte für grundsätzlich richtig, private Anleger an den Kosten einer Bankenpleite
zu beteiligen. „Ganz Europa sollte zu einer normalen Marktwirtschaft werden, wobei sowohl Eigentümer als auch Investoren im Falle einer Bankenpleite Verluste hinnehmen müssen.“ Eine europäische Bankenunion müsse diese Möglichkeit berücksichtigen.
„Zypern ist ein Sonderfall“, sagte wiederum das Ratsmitglied der
Europäischen Zentralbank, Ewald Nowotny. Auch der französische EZB-Direktor Benoit Coeure äußerte sich in diesem Sinne.
Luxemburg schimpft über Deutschland
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn schimpfte unterdessen über Deutschlands Verhalten in der Euro-Krise. Angesichts sehr harter Auflagen für die Rettung des Finanzplatzes Zypern wehrte Asselborn in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters Forderungen ab, nun auch andere EU-Finanzplätze unter Druck zu setzen. „Ich kann das Wort ’Geschäftsmodell’ sehr schwer ertragen“, sagte der Sozialdemokrat mit Blick auf Äußerungen des Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble, dass Zypern sein „Geschäftsmodell“ ändern müsse.
Bezogen auf die Sorge am Finanzplatz Luxemburg, nun selbst ins Visier der EU-Partner zu geraten, sagte Asselborn: „Deutschland hat nicht das Recht, die Geschäftsmodelle für andere Länder in der EU zu fixieren. Es darf nicht soweit kommen, dass unter dem Deckmantel von finanztechnischen Fragen andere Länder erwürgt werden.“ Er verwies darauf, dass auch die großen deutschen Banken allesamt in Luxemburg aktiv seien. Luxemburg wird seit Jahren vorgeworfen, dass es mit seinem Finanzplatz mithelfe, Steuerzahlungen von Firmen und Anlegern etwa in Deutschland zu unterlaufen. Das EU-Land betont dagegen immer wieder, dass es sich an alle OECD- und EU-Vorgaben halte und keine Steueroase sei.
Der Außenminister des Großherzogtums wies zudem darauf hin, dass das Land 150.000 Pendler aus Deutschland und Frankreich beschäftige. Im übrigen seien viele nicht-europäische Banken und Fonds in Luxemburg tätig. Wenn nun versucht werden sollte, den Finanzsektor in seinem Land zu schrumpfen, schade dies ganz Europa.
„Hegemoniestreben der großen Staaten“
Asselborn sieht einen generellen Trend der großen EU-Staaten, aus Wettbewerbsgründen Druck auf die kleinen Finanzstandorte in der Union auszuüben. „Es kann nicht sein, dass Deutschland, Frankreich und Großbritannien sagen: Wir brauchen Finanzplätze in diesen drei großen Ländern und alles andere muss weg.“ Das sei fundamental gegen den europäischen Geist, gegen den Binnenmarkt und die Solidarität. „Das ist ein Hegemoniestreben, das falsch und uneuropäisch ist“, kritisierte er.
Zwar räumte Asselborn ein, dass auch in Paris der Finanzstandort Luxemburg oft als sehr negativ beschrieben werde. Eine Hauptverantwortung für die derzeitige Debatte sieht er aber bei Deutschland. Denn die Bundesregierung sei federführend bei der Idee gewesen, dass auch die Nutznießer des zyprischen Finanzplatzes zur Rettung herangezogen würden und der Bankensektor dort verkleinert werde. Und es seien deutsche Politiker, die die Debatte über andere Finanzorte vorantrieben. „Ich werde deshalb hellhörig, wenn aus Berlin durchdekliniert wird, wie das Geschäftsmodell eines Landes sein soll.“