Schuldenkrise : Deutschland soll Bundesbankreserven opfern
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Nachdem Bundesbankpräsident Jens Weidmann sein Veto zu den Plänen eingelegt hatte, wandte sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel von der Idee ab Bild: dapd
In Cannes wurde der Plan zur Aufstockung der EFSF über die Devisenreserven der Notenbanken geboren. Die Deutsche Bundesbank und Bundeskanzlerin Merkel lehnen ab.
Deutschland ist international unter Druck geraten, Reserven der Bundesbank für eine Aufstockung der Rettungsfazilität EFSF zur Verfügung zu stellen. Auf dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der 20 größten Wirtschaftsnationen (G20) im französischen Cannes war die Idee aufgekommen, die Notenbanken der Euroländer könnten einen Teil ihrer Reserven in eine Zweckgesellschaft der EFSF einbringen. Die Mittel könnten dann als Pfand dienen, damit der Rettungsfonds zusätzliche Kredite vergeben kann. Die EFSF wäre dadurch schlagkräftiger, gleichzeitig stünden die Staaten aber mit noch mehr Geld im Risiko. Ohne Zustimmung des Bundestags würde auf diesem Wege die Haftung Deutschlands erhöht.
Konkret wurde darüber nachgedacht, einen Teil der Notenbankreserven in Form von Sonderziehungsrechten in der EFSF-Zweckgesellschaft zu bündeln. Sonderziehungsrechte sind eine Kunstwährung des Internationalen Währungsfonds (IWF). Sie repräsentieren die Ansprüche der Staaten an den Fonds und sind bares Geld wert. Die Sonderziehungsrechte liegen entweder bei den Staaten selbst oder - wie im Fall Deutschlands - bei der jeweiligen Notenbank. Die Europäische Zentralbank will offenbar nicht nur die Sonderziehungsrechte der Bundesbank übernehmen, sondern auch deren Sitz und Stimme im IWF - als Hüterin der gebündelten Reserven der EU-Notenbanken. Im Gespräch waren in Cannes 50 bis 60 Milliarden Euro, davon 15 Milliarden Euro von der Bundesbank. Damit würde die Bundesbank in ihrer Rolle und ihrem Einfluss beim IWF deutlich beschnitten; ihre Reserven würden vergemeinschaftet.
„Wir lehnen diesen Plan ab“
Dem Vernehmen nach wurde die Idee, die Notenbankreserven zur Stärkung des Rettungsfonds zu nutzen, von Amerika, Großbritannien und Frankreich vorgebracht. Der Plan, die Währungsreserven der Staaten zu bündeln und der EFSF zur Verfügung zu stellen, habe in Cannes auf dem Tisch gelegen, bestätigte eine Sprecherin der Bundesbank am Sonntag. „Wir lehnen diesen Plan ab“, sagte sie. Es sei allein die Bundesbank, die über die Währungsreserven verfüge. Nachdem Bundesbankpräsident Jens Weidmann sein Veto zu den Plänen eingelegt hatte, wandte sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von der Idee ab. „Von deutscher Seite ist dieser Vorstoß abgelehnt worden“, sagte Regierungssprecher Seibert.
Hintergrund für das Gerangel um die Währungsreserven dürfte sein, dass die Europäer Schwierigkeiten haben, Investoren für die EFSF zu finden. Sie soll über einen Hebel in die Lage versetzt werden, mehr Geld zur Verfügung zu stellen als die derzeitigen 440 Milliarden Euro. Diese Summe würde nämlich kaum reichen, sollte ein Land wie Italien in Schwierigkeiten geraten. Durch den geplanten Hebel soll die Leistungskraft der Fazilität auf 1 Billion Euro erhöht werden.
Mehrere Modelle im Gespräch
Allerdings sind potentielle Investoren, zum Beispiel aus China, zurückhaltend mit Zusagen. In Cannes hieß es, viele Staaten wollten nur einzahlen, wenn der IWF mit an Bord sei. Deshalb wurde darüber gestritten, wie IWF und EFSF zusammenarbeiten könnten - noch ohne Ergebnis. Mehrere Modelle waren im Gespräch, darunter der veränderte Umgang mit den Sonderziehungsrechten. Die Zusammenarbeit von IWF und EFSF sei für viele, die sich an den Instrumenten der Hebelung beteiligen wollten, sehr wichtig, sagte Merkel in Cannes.
„Es gibt kaum Länder, die jetzt bereits gesagt haben: Wir machen bei der EFSF mit“, räumte sie aber auch ein. Viel hänge von den Leitlinien für den Hebel ab, die rasch verabschiedet werden sollen. Die Euro-Finanzminister wollen an diesem Montag über die „Optimierung“ der EFSF sprechen. Die Bundesbank verfügt über 181,4 Milliarden Euro Währungsreserven, davon knapp 132 Milliarden Euro in Gold. Somit wäre es der nächste logische Schritt gewesen, nach den Devisenreserven auch das Gold in Form von Sonderziehungsrechten der EFSF zur Verfügung zu stellen. Der Regierungssprecher sagte dazu jedoch: „Die von der Bundesbank verwalteten Goldreserven standen zu keinem Zeitpunkt zur Diskussion.“